D. Lenz
Es klingt eher nach einem Science-Fiction Film, als nach Realität, aber Wissenschaftler haben eine Möglichkeit gefunden, Ereignisse in der Zeit verschwinden zu lassen – so als wären sie niemals geschehen.
London (England). Forscher arbeiten schon lange an Vorrichtungen, die Objekte unsichtbar machen können. Jetzt haben Wissenschaftler diese Idee vom dreidimensionalem Raum gelöst um nicht Objekte im Raum, sondern Ereignisse in der Zeit verschwinden zu lassen. Der Wissenschaftler Martin McCall und seine Kollegen vom Imperial College in London, denen genau dies gelungen ist, hoffen mit der Technologie Datenübertragungssysteme sicherer machen zu können, denn in der Zeit getarnte Signale wäre für potenzielle Lauscher unsichtbar.
Zeit-Tarnkappen funktionieren auf eine ähnliche Weise wie räumliche Tarnkappen. Sie verbergen ein Objekt, indem alles Licht was auf das Objekt treffen würde, so um es herumgeleitet wird, dass der Betrachter nicht das Objekt, sondern den Hintergrund sieht – so als wäre das Objekt gar nicht im Raum vorhanden.
„Wir haben dasselbe mathematische Prinzip angewendet, allerdings in der Zeit“, erklärt McCall, der bereits 2011 im Fachmagazin Journal of Optics das Prinzip der Zeit-Tarnkappe beschrieb.
Um das Prinzip der Zeit-Tarnkappe zu veranschaulichen, stellen wir uns eine Autokolonne vor. Jedes Auto fährt mit der gleichen Geschwindigkeit und mit dem gleichen Abstand zum vorderen Fahrzeug eine lange Straße entlang. Wenn plötzlich ein Tier die Straße überquert, muss ein Auto bremsen. Dadurch kommt es zu Stockungen im Verkehr: ein Stau entsteht. Die Autofahrer am Ende des Staus schließen aus dem Stau, dass vorne etwas Unvorhersehbares passiert sein muss.
Würde man die Autoverkehr-Analogie auf die Zeit-Tarnkappe übertragen, besteht der Trick darin, die vorderen Fahrzeuge der Kolonne schneller und die hinteren Fahrzeuge langsamer fahren zu lassen. Dadurch entsteht eine Lücke in der Kolonne, durch die das Tier die Straße passieren kann, ohne im Verkehrsfluss Unordnung zu erzeugen. Wird der Vorgang später wieder umgekehrt, also die vorderen Autos fahren langsamer und die hinteren etwas schneller, so lässt sich die alte Ordnung wieder herstellen. Das Besondere ist jetzt, dass die hinteren Autofahrer nicht einmal mitbekommen haben, dass ein Tier die Straße überquert hat.
Anstatt der Fahrzeuge, werden bei der echten Zeit-Tarnkappe allerdings Lichtstrahlen eingesetzt. Wird der vordere Teil des Lichtstrahls beschleunigt und der hintere Teil verlangsamt, entsteht eine Lücke im Licht. Jedes Ereignis, welches in dieser Lichtlücke passiert, nimmt keinen Einfluss auf den restlichen Lichtstrahl. Wird die Lücke später wieder geschlossen, so hat es den Anschein, als hätte sich das licht die ganze Zeit in einer gleichbleibenden Geschwindigkeit fortbewegt.
"Man kann alles verstecken, was selbst kein Licht aussendet", erläutert McCall. "Denn dieses Licht würde sich sonst mit dem Lichtstrahl vermischen, den man so sorgfältig präpariert hat. Im übertragenen Sinn: Angenommen, ein Bankräuber verwendet eine solche Tarnkappe für die Überwachungskameras, dann kann er alles machen, den ganzen Safe ausräumen und ungesehen verschwinden – er darf nur kein Streichholz anzünden."
Die Grundlagenforschung zieht nun erste praktische Anwendungsmöglichkeiten mit sich. So werden heute zahlreiche Daten über Glasfasernetzwerke übertragen und können – trotz Verschlüsselung – abgefangen werden. Die Zeit-Tarnkappe könnte eine Art versteckte Kommunikation ermöglichen, bei der potenzielle Lauscher nicht einmal mitbekämen, dass neben alltäglichen Daten auch geheime Informationen ausgetauscht wurden, denn diese wären in der Zeit versteckt.
In ersten Versuchen gelang es den Wissenschaftlern 13 Gigabits an Informationen pro Sekunde in der Zeit zu tarnen. Allerdings funktionierte die erste Version der Zeit-Tarnkappe so gut, dass die Daten komplett aus der Zeit gelöscht wurden, anstatt sie nur zu verstecken.
Das Problem haben die Wissenschaftler aber bereits gelöst. Dazu nutzen sie einen zweiten Lichtstrahl, der die Informationen wieder erscheinen lässt, wie die Wissenschaftler ausführlich im Fachmagazin Optics Infobase beschreiben.