Am 15. Juni 1883 führte der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck im Deutschen Reich das „Gesetz betreffend der Krankenversicherung der Arbeiter“, die erste Pflicht-Krankenversicherung der Welt, ein und revolutionierte so das Gesundheitssystem nachhaltig. Dieses Gesetz legte den Grundstein für die moderne Krankenversicherung, wie wir sie heute kennen.
Zum Ende der industriellen Revolution (1760 bis 1840) liefen die Maschinen in den Fabriken auf Hochtouren und die Industrieschornsteine rauchten nahezu durchgehend. Auch zum Ende des 19. Jahrhunderts (1880) waren gerade einmal 2,6 Prozent der Bevölkerung des Deutschen Reiches arbeitslos. Der arbeitende Teil musste in einer 65-Stunden Woche unter oftmals schlechten und gefährlichen Arbeitsbedingungen schuften. Arbeit gab es viel und obwohl sich die Motoren und Maschinen stetig weiterentwickelt haben, veränderte sich bei den Arbeitern nichts: Sie waren immer noch die Sklaven der Fabrikanten, mussten täglich unter extremen Bedingungen für wenig Geld malochen und besaßen keinen sozialen Schutz, der sie bei Krankheit, Unfällen oder im Alter finanziell absicherte.
Aus diesem Grund organisierten sich immer mehr Arbeiter und gründeten Gewerkschaften und Parteien, die ihre Interessen durchsetzen. Die wohl bekannteste Partei aus dieser Zeit ist die SPD, die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (1875 gegründet). Otto von Bismarck, der zu jener Zeit (erster) Reichskanzler des Deutschen Reiches war (22. März 1871 bis 20. März 1890), hatte eine große Abneigung gegen die Sozialdemokraten, welche sich stetig für mehr Rechte der Arbeiter stark machten. Zum einen wurde die Gruppe der Sozialdemokraten immer großer und gewann so mehr und mehr an Einfluss und Macht und zum anderen wurden die Schreie nach einer Revolution im Lande immer lauter. Beides hätte den ersten Reichskanzler sein politisches Amt kosten können und daher bekämpfte Otto von Bismarck die Sozialdemokraten an zwei Fronten:
Nachdem die erste gesetzliche Krankenversicherung verabschiedet war, bestand eine Versicherungspflicht bzw. ein Versicherungszwang für die meisten Reichsbürger, die gegen Gehalt oder Lohn eines im Deutschen Reich ansässigen Unternehmens beschäftigt waren. Fortan waren fast alle Arbeiter, vom einfachen Fabrikarbeiter bis hin zum Bankangestellten, gegen Krankheit versichert – etwas vergleichbares hatte die Welt bisher noch nicht gesehen.
Die erste Kranken-Pflichtversicherung war noch sehr einfach aufgebaut und natürlich nicht mit modernen gesetzlichen oder privaten Krankenkassen nicht vergleichbar. Der damalige Leistungskatalog der ersten Krankenkasse sah folgende Leistungen vor:
Unter der Hand des fünften Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg (14. Juli 1909 bis 13. Juli 1917) wurden die bisherigen Rechtsvorschriften (inklusive der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung) in der sogenannten Reichsversicherungsordnung (RVO) zusammengetragen. Das Krankenversicherungsrecht der RVO trat dann im Jahr 1914 in Kraft und beinhaltete unter anderem auch eine Versicherungspflicht für Arbeiter, die bisher noch keine Kranken-Pflichtversicherung besaßen. Dazu zählten beispielsweise Arbeiter der Land- und Forstwirtschaft, Dienstboten sowie Wanderarbeiter.
Der Nationalsozialismus und der Krieg hat vieles verändert. So hatte diese Zeit auch großen Einfluss auf das bisherige gesetzliche Krankenversicherungssystem. Man schaffte die Selbstverwaltung der gesetzlichen Krankenversicherung ab und wies den Krankenversicherungsträgern staatlich anerkannte Leiter zu. Dadurch wurde die Organisation, die Finanzierung und die Aufsicht der Krankenkassen grundlegend geändert.
Nach dem Krieg, im Jahr 1952, stellte die noch junge Bundesrepublik Deutschland die Selbstverwaltung der Krankenkassen wieder her. Große Reformen begannen ab dem Jahr 1970. Man passte von nun her die gesetzliche Krankenversicherung stetig den gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Änderungen im Land an und entwickelte so das schon sehr gut funktionierende Krankenversicherungssystem immer weiter. Eine der berühmtesten Reformen jener Zeit ist das sogenannte Lohnfortzahlungsgesetz, welches am 1. Januar 1970 eingeführt wurde. Dies regelte die Pflicht zur Lohnfortzahlung des Arbeitsgebers im Krankheitsfall und stellte zeitglich Arbeiter und Angestellte diesbezüglich gleich.
Die 1970er Jahre waren von wirtschaftlichem Aufschwung geprägt und dies führte auch zur Verbesserung des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung. So ergänzte man das Leistungsverbesserungsgesetz sowie das Rehabilitationsgesetz und weitete die Krankenversicherungspflicht auf Behinderte in geschützten Einrichtungen, Studenten, Künstler, selbstständige Landwirte und Publizisten aus.
Im Rahmen des sogenannten Gesundheits-Reformgesetz (GRG) wurde das Krankenversicherungsrecht, welches bisher noch in der Reichsversicherungsordnung geregelt war, am 1. Januar 1989 in das Sozialgesetzbuch (fünfter Teil) integriert. Auch hier wurde die gesetzliche Krankenversicherung erneut ausgebaut und es wurden Förderungen der Gesundheit, Untersuchungen für die Früherkennung von Krankheiten sowie Leistungen bei Schwerpflegebedürftigkeit eingeführt.
Am 1. Januar 1991 wurde das Krankenversicherungsrecht durch die Wiedervereinigung Deutschlands auf die neuen Bundesländer übertragen. Seitdem gab es noch einige weitere wesentliche Reformen, welche die gesetzliche Krankenversicherung betrifft:
Heute besitzt die Bundesrepublik Deutschland eines der besten Sozialversicherungssysteme der Welt. Dies besteht im Wesentlichen aus den fünf Säulen des Sozialversicherungssystems:
Wie die gesetzliche Krankenversicherung auch, so funktioniert das ganze Sozialversicherungssystem nach dem Solidaritätsprinzip. Dies bedeutet, dass die gesunden Versicherten für die erkrankten Versicherten aufkommen, dass die Einkommensstarken für die Einkommensschwachen einstehen und dass die jüngeren Versicherten für die älteren bzw. alten Versicherten aufkommen. Dies bezeichnet man auch als Generationenvertrag.
Die moderne gesetzlich Krankenversicherung und das dahinterstehende Solidaritätsprinzip hat jedoch seit Jahren mit drei wesentlichen Problemen zu kämpfen:
In Folge dieser Probleme streichen jetzt schon immer mehr Krankenkassen einst angebotene Leistungen. Dies geht sogar soweit, dass sich vermehrt gesetzliche Krankenkassen zusammenschließen müssen, um Kosten zu sparen.
Eine beliebte Alternative zur gesetzlichen Krankenversicherung ist die private Krankenversicherung. Jedoch ist diese (oftmals bessere) Form der Versicherung nur einigen Wenigen vorbehalten. Als Arbeitnehmer muss man beispielsweise ein Bruttoeinkommen von knapp 5.000 Euro bzw. von rund 60.000 Euro im Jahr nachweisen (Stand: 2020). Zudem können sich Beamte, Freiberufler und Selbstständige, ganz unabhängig von ihren Bezügen, privat krankenversichern.
Wie auch bei den gesetzlichen Krankenversicherungen, gibt es auch eine Vielzahl von privaten Krankenversicherungen. Hier gibt es jedoch große Unterschiede im Leistungskatalog und bei den Beiträgen. Auf Krankenversicherung.net lassen sich die größten privaten Krankenversicherungen hinsichtlich Preis/Leistung übersichtlich vergleichen. Aktuelle Testberichte helfen zudem, die richtige private Krankenversicherung zu finden. Der Abschluss einer privaten Krankenversicherung ist jedoch komplizierter als der Wechsel einer gesetzlichen Krankenversicherung, da man hier einen Versicherungsvertrag abschließt und jede Leistung bzw. der exakte Leistungsumfang schriftlich festgehalten werden muss.
Ganz ähnlich wie eine private Altersvorsorge die gesetzliche Rente ergänzen und so den bröckelnden Generationenvertrag auffangen soll, so können private Krankenzusatzversicherungen den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung erweitern. Viele diese Versicherungen haben sich bereits etabliert und so haben mittlerweile viele Bundesbürger eine Brillenzusatzversicherung, einen Zahnzusatzversicherung, eine Krankenhauszusatzversicherung oder aber auch eine Krankentagegeldzusatzversicherung – um nur einige private Zusatzversicherungen zu nennen.