Safran galt in der Antike als Gabe der Götter und Luxus für die Superreichen. Göttervater Zeus soll sich der Legende zu Folge auf einem Bett aus Safran jeden Abend – so er nicht grade um die Häuser zog und Nachkommen zeugte – zu Ruhe gelegt haben. Heutzutage wird Safran nicht nur dazu verwendet Lebensmitteln Geschmack und Farbe zu verleihen, es ist auf wieder in den Fokus der Medizin gerückt. Der Bedarf an dem teuren Gewürz wächst. Inzwischen wird er sogar in unseren Breitengraden angebaut und könnte in nicht allzu ferner Zukunft künstlich hergestellt werden.
Paella wird erst durch die abschließende Prise Safran zudem, was sie ausmacht. Nicht nur erhält das Nationalgericht der Iberer durch den Safran seine berühmte orange-gelbe Färbung, auch der typische, leicht bitter-herbe Beigeschmack rührt vom Safran her.
Diese wichtige Prise allerdings fällt meist sehr gering aus, bisweilen wird sie sogar komplett unter den Tisch fallen gelassen und schnöde durch andere Farbstoffe und Gewürze ersetzt. Der Grund dafür ist der Preis des Safrans. Ein Kilogramm des teuren Gewürzes wird mit zwischen 2.000 und 7.000 Euro gehandelt. Die Nachfrage aber – und damit auch der Preis – steigt, denn Safran macht nicht nur den Kuchen „gehl“, sondern wird auch als luxuriöser Farbstoff und in der Medizin eingesetzt. Besonders seine stimmungsaufhellende Wirkung macht ihm für die Pharmazie interessant.
Der hohe Preis hat mehrere Gründe: Die wertvollen Fäden werden aus den getrockneten Blütenstempeln der violett blühenden Krokusart Crocus sativus gewonnen, die nur in gemäßigten Klimazonen wie Afghanistan und dem Mittelmeerraum, etwa in Spanien, wächst. Dafür müssen 100.000 Blüten von Hand geerntet werden. Die Pflückerei ist mühsame Handarbeit – ein Arbeiter schafft höchstens 80 Gramm am Tag. Bevor überhaupt etwas blüht, müssen die Farmer viel Geld in die Hand nehmen. Für einen Hektar Safran müssen sie rund 4.000 Kilogramm Knollen setzen. Der Kilogrammpreis liegt bei etwa fünf Euro. Die Investitionen von bis zu 20.000 Euro schreckt viele Bauern ab. Dann müssen sie auch noch drei lange Jahre warten, bevor sie die erste Safranernte einfahren können. Das lockt natürlich auch Fälscher auf den Plan, die beispielsweise die Blätter und Stängel der Krokusse vermahlen und sie als Safran verkaufen.
Zumindest was den Anbau in gemäßigten Klimazonen anbelangt, haben inzwischen auch ein paar Deutsche das eigentlich unmöglich gewagt und das edle Gewürz nach Deutschland gebracht. Sie waren nicht die ersten, aber sie sind seit langer Zeit wieder eine Handvoll mutiger Landwirte, die hoch pokern um noch höher zu gewinnen. Unter ihnen befindet sich der ehemalige Journalist Boris Kunert. Seinen „Saxen Safran“ baut der ehemalige Weltenbummler seit über zwei Jahren in der Kleinstadt Stolpen im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge an. Wenn die Safranfelder blühen, kommt es Lavendelfeldern gleich. Die kleinen lila Krokusgewächse lassen den Betrachter an die Provence in Frankreich denken. Kaum zu glauben, dass man sich bei diesem Anblick im tiefsten Sachsen befindet. Die zündende Idee brachte Kunert eine Reise in die Schweiz. Dort entdeckte er durch Zufall das edle Gewürz. Der Safran wächst in den Bergen auf über 1.000 Metern Höhe. So kam bei dem gebürtigen Berliner die Frage auf, ob der Anbau auch in seiner Heimat möglich wäre. Er fand heraus, dass das trockene und kontinentale Klima im Freistaat durchaus sehr gut geeignet ist für den Safran-Anbau. Vor allem Sonne sei wichtig für das Krokusgewächs. Im Oberrheingraben wäre vor rund 100 Jahren noch Safran angebaut worden. Inzwischen ist das eine kleine Sensation für den gebürtigen Berliner sowie den Freistaat. Auf 2.000 Quadratmetern pflanzte Boris Kunert inzwischen 100.000 Knollen und ist damit der erste Safranbauer in Sachsen. „Die Ernte Ende des vergangenen Jahres übertraf alle Erwartungen“, freut sich der 46-Jährige.
Die lilafarbenen Krokusgewächse blühen von Oktober bis Dezember. Dann ist Erntezeit, denn der Safran wird aus den roten Stempeln der Blüten gewonnen. „In der Erntezeit gehe ich zwei bis drei Mal täglich über das Feld und pflücke die geöffneten Kelche“, so Boris Kunert. Anschließend zupft er die roten Fäden ab, trocknet sie im Ofen und verarbeitet das edle Gewürz weiter.
„Der Anbau und die Ernte sind Handarbeit, denn Maschinen gibt es dafür nicht“, sagt Boris Kunert. Aus 200 Blüten gewinnt er ein Gramm Safran. Der 46-Jährige verkauft das Gewürz bisher jedoch nicht als Rohgewürz, sondern verarbeitet es in verschiedenen Produkten weiter. „Auf Dauer werden wir aber ähnliche Preise wie für den österreichischen Safran anbieten können. Dort kostet das Rohgewürz 25 bis 30 Euro pro Gramm“, erzählt er. Auch fränkischer Safran koste 30 Euro pro Gramm.
Die Safrannarben seien tiefrot und kräftig - ähnlich wie der Safran aus dem Hochland des Iran oder Kaschmir. „Das Gewürz aus dieser Gegend gilt als der beste Safran überhaupt“, erklärt Kunert. Südeuropäischer Safran aus Ländern wie Spanien oder Frankreich sei meist heller und feiner im Aufbau. „Wie meine neuesten Nachforschungen ergaben, hat es tatsächlich schon in früheren Zeiten einen systematischen Anbau von Safran in Sachsen gegeben“, erzählt der Safranliebhaber. Im Wittenbergischen Wochenblatt zum Aufnehmen der Naturkunde und des ökonomischen Gewerbes wurde am 5. Mai 1769 bereits über den Anbau des Gewürzes geschrieben. Demnach hat es in Dresden-Friedrichstadt und in Dörfern südlich von Leipzig sogar einen großflächigen Safrananbau gegeben.
Aber auch Mittelfranken scheint optimale klimatische Bedingungen zu bieten. In Unterdallersbach bei Feuchtwangen ist Mitte Oktober wieder Erntezeit. Die Anbaufläche der Familie Waldmeyer ist einzigartig in Bayern. Geerntet werden 12.000 Blüten - am Tag! Der "Safran-Krokus" mag es sonnig, im Frühjahr feucht und im Sommer trocken. So wird das edle Gewürz gut ausgebildet. Crocus sativus ist in unseren Regionen gewöhnlich winterhart. Allerdings, bei sehr tiefen Minusgraden können die Knollen geschädigt werden. 2012 haben Christina und Jean-Frédéric Waldmeyer zum ersten Mal Safranknollen eingesetzt. Diese Jahr wird zum vierten Mal Erntezeit sein. Um die 12.000 Krokusblüten werden täglich geerntet und das ausschließlich in Handarbeit. Dies ist es eine unendliche Geduldsarbeit, die drei Stempelfäden aus jeder einzelnen Blüte zu zupfen. Die Familie ist während der Erntezeit meist bis weit in die Nacht hinein damit beschäftigt. Am Vormittag wird geerntet, ab Mittag „ausgezupft“. Die frischen Safranfäden werden danach locker auf gitterbespannte Holzrahmen gestreut und mehrere Tage an der Luft getrocknet. Dabei verlieren sie an Gewicht Für 1 Gramm Safran werden bis zu 300 Blüten benötigt. Es dauert ein Jahr, bis sie ihr volles Aroma entfalten. 30 Euro kostet ein Gramm Safran bei den Waldmeyers. Das kommt so ungefähr an den derzeitigen Goldpreis heran.
Ein weiterer, wichtiger Punkt auf der Landkarte in Sachen Safran ist natürlich die alte Hansestadt Hamburg. Hier geht Christoph Hantke seiner Arbeit nach und importiert das edle Gewürz aus dem Iran. Fälschungen, Preisschwankungen und Sanktionen gegen die islamische Republik machen den Handel jedoch Tag für Tag zu einer echten Herausforderung. Der Herbst ist die Erntezeit im Nordosten Irans. Hunderttausende von Krokussen blühen dann auf den kargen Feldern rund um die zweitgrößte Stadt Maschhad. In mühsamer Handarbeit sammeln Erntehelfer wie im bayrischen Mittelfranken die violetten Blüten des Crocus sativus und bringen sie zu den Zwischenhändlern, wo Frauen mit geübten Griffen die aromatisch duftenden, tiefroten Narbenschenkel aus den Blüten zupfen. Was bei diesem aufwendigen Prozess übrig bleibt, ist eines der teuersten und edelsten Gewürz der Welt: Safran. Etwa 80.000 Blüten sind notwendig, um gerade einmal ein Kilogramm des roten Goldes zu gewinnen. Daher die exorbitant hohen Preise, zu denen das edle Gewürz hierzulande verkauft wird. Im Frühjahr und im Herbst reist der Hamburger Gewürzhändler in den Mittleren Osten, um die Qualität seiner bestellten Waren zu überprüfen. Mit dem Flugzeug geht es nach Teheran und dann weiter in den nordöstlichen Bundesstaat Razavi-Chorasan bringt. Dort trifft Hantke seinen langjährigen, iranischen Geschäftspartner. Seit über sieben Jahren handelt Hantke schon mit Safran und ist mittlerweile zu einem echten Experten geworden. 200 Kilo importiert er jährlich und verkauft Fasern oder Pulver in Kleinstmengen von 0,5 bis zehn Gramm dann weiter auf der eigenen Internetseite oder über Feinkostgeschäfte wie Oschätzchen. Auch Spitzenköche aus dem Hotel Louis C. Jacob oder dem Landhaus Scherrer schwören auf die Qualität des Hamburgers.
Weit über 90 Prozent des weltweit angebotenen Safrans stammen aus dem Iran, hier haben die empfindlichen Pflanzen optimale Bedingungen. Möglichst konstante Temperaturen um 15 Grad und karge Böden braucht der Crocus sativus, um ein besonders intensives Aroma zu entwickeln. Zwar wird Safran auch in Spanien und sogar in bestimmten Lagen in Österreich angebaut, doch die Qualität ist mit der iranischen nicht zu vergleichen. Die Sommer sind mittlerweile in Spanien einfach zu heiß für das an mildes Klima gewohnte Gewürz. Die hohen Temperaturen vernichten das Aroma.
Hinzu kommt, dass angeblich in Europa angebauter Safran in vielen Fällen doch aus dem Iran stammt. „Insbesondere die Spanier betreiben Herkunftsschwindel“, sagt Hantke. „Weil die im Land produzierten Mengen gar nicht ausreichen, um die Nachfrage zu befriedigen, kaufen viele Anbieter im Iran zu und verpacken diesen dann nur in Spanien.“ Auch bei Händlern und Bauern aus Österreich sind schon ähnliche Fälle aktenkundig geworden.
Der Herkunftsschwindel ist nur einer von vielen Tricks, auf die deutsche Verbraucher gefasst sein müssen, denn Safran ist nicht nur eines der teuersten, sondern auch das am häufigsten gefälschte Gewürz der Welt. Eher plump sind etwa die Versuche von Händlern, unbedarften Touristen die safranähnliche Färberdistel Safflor als edles Gewürz anzudrehen. Diese gibt beim Kochen zwar ebenfalls eine intensive, gelbe Farbe ab, schmeckt aber nach gar nichts.
Schwieriger sind schon die Tricks zu durchschauen, die auf ein professionelleres Klientel abzielen. So werden beispielsweise Chargen mit gefärbten Fleischfasern gestreckt. Ausgesprochen beliebt und zugleich gesundheitsschädlich ist auch die weit verbreitete Praxis, minderwertigen, aber echten Safran mit Hilfe eines giftigen Farbstoffs tiefrot und damit höherwertig erscheinen zu lassen. Dies wird spätestens beim Kochen offensichtlich. Denn die nachgefärbten Fasern verlieren dann ihre komplette Farbe. Bei wirklich hochwertigem Safran würde dies nicht geschehen.
Neben dem Kampf gegen die Fälscher hält der Safranhandel noch eine Reihe anderer Herausforderungen bereit. So sind die Geschäftsbeziehungen mit dem Iran alles andere als einfach. Gewürze wie Safran fallen zwar nicht unter das derzeit geltende Handelsembargo, mit dem der Staat zum Einlenken im seit Jahren schwelenden Atomstreit gezwungen werden soll. Doch Geld für eine Lieferung lässt sich dennoch nicht direkt an einen iranischen Partner überweisen, weil den deutschen Banken aufgrund eines gleichzeitig geltenden Finanzembargos jegliche Geschäftsbeziehungen mit iranischen Kreditinstituten untersagt sind. Safranhändler wie Hantke müssen ihre Geschäfte allzu oft über Mittelsmänner abwickeln. So kann sich eine alltäglich erscheinenden Transaktion schnell zu einem echten Krimi für die Nerven auswachsen, bis klar ist, dass das Geld auch wirklich dort angelangt ist, wo es ankommen sollte.
Der hohe Aufwand und die Risiken des Safrangeschäftes lohnen sich aber vor allem wegen der hohen Gewinnmargen. Das Kilogramm ist im Iran rund 2.000 Euro erhältich, ein Gramm Fäden bringt im Online-Handel rund sechs Euro – eine Rendite von satten 300 Prozent. Hierbei ist es wichtig auf die ISO-Klassifizierung oder auf die Klassifizierung nach dem spanischen Standard zu achten: Die höchste Kategorie der Safran Qualität hat einen Crocin-Wert von über 190. Die beste Qualität nach spanischem Standard ist „Coupe“. Wer mehr über die Qualitätsermittlung von Safran erfahren möchte, findet auf Safran.info weitere Informationen.
Allerdings geht längst nicht der gesamte Safran zu diesen Preisen weg, zudem tauchen im Markt wegen Missernten oder anderer Einflussfaktoren auch enorme Schwankungen auf. 2007 kauften die Chinesen fast die gesamte Welternte auf. Dies führte zu einem Preisanstieg auf 3.000 Euro pro Kilogramm im Durchschnitt.
Bei diesen Preisen wundert es sicher niemanden, dass Safran schon oft unterm Mikroskop lag und auf seine genauen Eigenschaften hin untersucht wurde. Lange Zeit führten aber alle Versuche die genauen Inhaltsstoffe, die Farbe und Geschmack des Safrans ausmachen und sie dann im Labor nachzubauen, ins Leere.
Jetzt wollen Forscher das Geheimnis des Safrans aber gelüftet haben. Wissenschaftler der Universität Freiburg haben Hand in Hand mit einem Team des Casaccia Research Centre in Rom ein Eiweiß namens Carotenoid Cleavage Dioxygenase 2 (CCD2) gefunden. Dies ist für die Entstehung des bitter-herben Aromas und für den charakteristischen Farbton von Safran verantwortlich.
Die Forschungsgruppe um den Biologen Peter Beyer von der Universität Freiburg hatte sich dafür die Blütenstempel des Krokus zur Untersuchung herangezogen und in einer frühen Entwicklungsphase analysiert. In dieser entstehen Stoffe wie das Crocin. Das gelbe Crocin ist aufgrund seiner immensen Färbekraft der Grund, weswegen die Perser die Pflanze als „za'fran“ (ei gelb) bezeichneten.
„Wir fanden heraus, dass das Gen CCD2 in diesem Stadium besonders aktiv ist“, sagt Beyer. Diese Gen schleuste das Team dann in Bakterien und Maispflanzen ein, so dass die das Eiweiß herstellten. Das Ergebnis: Auch in den Modellorganismen ließ sich mit dem Enzym CCD2 der typische Safrangeschmack erzeugen.
Damit ist den Wissenschaftlern ein erster wichtiger Schritt hin zu einer biotechnologischen Herstellung von Safraninhaltsstoffen gelungen – ähnlich dem Vanilin, dem Hauptinhaltsstoff der Vanilleschote. Ziel des Teams sei es aber nicht, Safran komplett biotechnologisch zu reproduzieren; dafür sei das natürliche Gewürz zu komplex. Doch für die Anwendung als Farbstoff oder in der Medizin ist das Ergebnis interessant. „Mit Biotechnologie ließen sich große Mengen von Crocins, Picrocrocin, und Safranal kostengünstig herstellen“, sagt Beyer.
Auch wenn die Entdeckung von Peter Beyer und seinen Kollegen den Markt sicherlich ein wenig entspannen wird, so bleibt die Arbeit für Safranhändler wie Hantke und Safranbauern wie Kunert noch immer spannend. Und Safran sicherlich noch für sehr lange Zeit das teuerste Gewürz der Welt.