Robert Klatt
In der armenischen Bronzezeit-Stadt Mezamor wurde ein einzigartiges „Goldenes Grab“ mit hunderten Schmuckstücken und zwei Skeletten entdeckt.
Warschau (Polen). In der südwestlichen Region Armeniens befinden sich die Überreste von Mezamor, einer der größten Metropolen der europäischen Bronzezeit. Die Stadt hatte bereits vor ungefähr 6.000 Jahren eine Fläche von über zehn Hektar und beherbergte wichtige Einrichtungen wie einen zentralen Tempel, Werkstätten zur Kupferverhüttung und die berühmte Zyklopenmauer, eine massive Steinmauer zum Schutz der Stadt.
Durch seine Lage an der Kreuzung zweier Handelsrouten war Mezamor über mehrere Jahrtausende hinweg ein wichtiges Handels- und Machtzentrum in der Region. Die archäologischen Überreste von Mezamor sind ein wichtiges Zeugnis der frühen Zivilisation in Armenien und bieten laut Krzysztof Jakubiak von der Universität Warschau Einblicke in die wirtschaftliche und kulturelle Bedeutung der Region in der Bronzezeit.
„Am Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. gab es keine andere Siedlung in der Region, die sich mit Mezamor in Größe und Macht messen konnte.“
Ein Team um Jakubiak als polnischen und armenischen Archäologen führt seit 2013 Ausgrabungen in Mezamor durch. Laut dem Fachmagazin Science in Poland haben die Wissenschaftler nun eine besondere Entdeckung gemacht. In der Nekropole von Mezamor fanden sie ein unberührtes, etwa 3.200 Jahre altes „Goldenes Grab“. Es handelt sich dabei um eine Seltenheit. Die Archäologen entdeckten zuvor zwar bereits etwa hundert Gräber, die aber alle geplündert waren.
Das unberührte Grab ist ein Steinkistengräber, bei dem sich die Toten in einer mit großen Steinen ausgekleideten Grube befinden, die dann mit einem Grabhügel überdeckt wurde. In der Nekropole von Mezamor ist dies eine typische Art der Bestattung.
Das kürzlich entdeckte Steinkistengrab enthält zwei Toten. Die Frau und der Mann waren zu ihrem Todeszeitpunkt zwischen 30 und 40 Jahre alt. Ihre Skelette lagen auf einer hölzernen Bahre.
„Ihr Tod ist uns ein Rätsel, wir können keine klare Todesursache feststellen. Aber alles spricht dafür, dass beide zur gleichen Zeit starben, denn es gibt keine Spuren einer Wiederöffnung des Grabes.“
Die sterblichen Überreste wurden mit mehr als hundert Perlen und mehreren goldenen Anhängern bestattet, von denen einige Ähnlichkeiten mit keltischen Kreuzen aufweisen. Darüber hinaus wurden rund ein Dutzend Anhänger aus Karneol neben den Skeletten gefunden.
„Diese Schmuckstücke gehörten wahrscheinlich einst zu drei Halsketten.“
Die Grabbeigaben enthalten neben dem Schmuck noch ein Dutzend intakte Keramikgefäße und eine Fayence-Flasche, die für die Nekropole bisher einzigartig ist. Die Flasche wurde laut den Wissenschaftler aus der Grenzregion von Syrien und Mesopotamien importiert und belegt damit, dass Mezamor in der Bronzezeit an zwei wichtigen Fernhandelswegen lag.
Bis heute bleibt die kulturelle Zugehörigkeit der bronzezeitlichen Einwohner von Mezamor ein Rätsel. Da sie keine Schrift verwendeten, im Gegensatz zu den Mesopotamiern und Ägyptern, existieren keine schriftlichen Zeugnisse, die Aufschluss über ihre sprachliche und kulturelle Identität geben könnten. Lediglich ist bekannt, dass die Stadt im 8. Jahrhundert v. Chr. vom Urartäischen Reich erobert und in Teilen zerstört wurde. Dieses Königreich, welches bereits in der Bibel als "Reich von Ararat" erwähnt wird, erstreckte sich zu jener Zeit vom Südkaukasus bis zur nördlichen Grenze des assyrischen Reichs.
Das Team um den Archäologen Jakubiak hegt die Hoffnung, im Zuge weiterer Ausgrabungen das Geheimnis um die Bewohner von Mezamor aufzudecken. Des Weiteren könnte möglicherweise die genetische Analyse der Skelette aus dieser bronzezeitlichen Metropole zur Klärung dieser Frage beitragen.