Robert Klatt
In Ägypten wurden in einer Palastruine aus der Hyksoszeit zwölf abgehackte rechte Hände entdeckt. Es handelt sich dabei um den ersten Beleg für die sogenannte „Gold der Ehre“ Zeremonie.
Berlin (Deutschland). In vielen Kulturen war das Abhacken der rechten Hand eine Bestrafung und eine Machtdemonstration. Auch im alten Ägypten findet man Darstellungen, auf denen Soldaten dem Pharao die abgeschlagenen Hände von besiegten Feinde zeigen. Die Inschriften auf Tempelwänden und Gräbern hoher Militärs zeigen, dass die Soldaten dafür Halsschmucks aus Goldperlen als Belohnung und Auszeichnung erhielten. Die Archäologie konnte bisher aber keine Belege für diese sogenannte „Gold der Ehre“ Zeremonie finden.
Nun haben Forscher des Deutschen Archäologischen Instituts (DAI) laut einer Publikation im Fachmagazin Scientific Reports bei Ausgrabungen in Tell el-Dab’a im nordöstlichen Nildelta erstmals Hände gefunden, die als Kriegstrophäe dienten. Die abgehackten Hände wurden in einer Palastruine aus der Hyksoszeit (1640 und 1530 v. Chr.) entdeckt.
Im Vorplatz des Thronsaals dieses prächtigen Palastes fanden Archäologen eine bemerkenswerte Entdeckung: zwölf abgetrennte rechte Hände, die in drei separaten Gruben begraben lagen. Die abgeschnittenen Gliedmaßen, mit gespreizten Fingern und zumeist nach unten gerichteten Handflächen, waren akribisch in der Erde platziert. Nach eingehenden Untersuchungen stellten die Forscher um Julia Gresky fest, dass die Hände von elf Männern und einer vermutlich weiblichen Person, alle im jungen Erwachsenenalter, stammten.
„Dies passt zu dem Szenario der zeremoniellen Handpräsentation.“
Die Untersuchung der Hände zeigt, dass diese wahrscheinlich nach dem Tod der feindlichen Soldaten von ihren Körpern abgehackt wurden.
„Wir konnten zeigen, dass die Hände nach dem Tod vermutlich noch auf dem Schlachtfeld abgehakt wurden. Anschließend hat man sie sauber präpariert und von möglichen Resten des Unterarms befreit. Dies erfolgte mir größter Sorgfalt ohne Schäden an den Handknochen selbst zu verursachen.“
Wie Gresky erklärt, ist der Fund der erste direkte Beleg für die für „Gold der Ehre“ Zeremonie.
„Damit liefern diese Funde und Ergebnisse den ersten direkten bioarchäologischen Beleg für die ‚Gold der Ehre‘-Zeremonie vor dem Palast des Königs.“
Zudem hilft die Entdeckung der Hände dabei, das präzise Vorgehen bei dieser altägyptischen Demonstration von Macht nachzuvollziehen und bestätigt zugleich, dass die Darstellungen in Grabkammern und auf Tempelmauern tatsächlich einer realen Tradition entsprachen.
Die posthume Verstümmelung der besiegten Gegner stellte eine besonders entwürdigende und schwerwiegende Praktik dar: Im Glaubenssystem des Alten Ägypten war die körperliche Integrität im Todesfall von großer Bedeutung, da sie ein angenehmes Dasein im Jenseits gewährleistete. Diese Überzeugung führte unter anderem dazu, dass die Leichname bedeutender Verstorbener durch Einbalsamierung bestmöglich erhalten wurden.
„Die Verstümmelung des Opfers fügte diesem Akt der Dominanz eine tiefere Dimension hinzu.“
Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-023-32165-8