Robert Klatt
In Afrika wurde das älteste Grab in der Geschichte der Menschenaffen (Hominini) entdeckt. Die Entdeckung stellt bisherige Erkenntnisse zur menschlichen Evolutionsgeschichte infrage.
Johannesburg (Südafrika). Ein Team um den bekannten Paläoanthropologen Lee Berger hat in Südafrika in der Nähe von Johannesburg die älteste bisher Begräbnisstätte in der Geschichte der Menschenaffen (Hominini) entdeckt. Laut der Publikation im Fachmagazin eLife haben die Forscher die Fossilien des Urmenschen Homo naledi in einem Höhlensystem in etwa 30 Metern Tiefe gefunden.
Das Grab ist laut Analysen mindestens 100.000 Jahre älter als die ältesten bekannten Gräber des moderne Menschen (Homo sapiens), die in Afrika und im Nahen Osten entdeckt wurden. Die Gräber ältesten bekannten Gräber des Homo sapiens sind rund 100.000 Jahre alt, was bedeutet, dass das nun entdeckte Höhlengrab mindestens 200.000 Jahre alt sein muss.
Die aufgefundenen Strukturen präsentieren sich als ovale Gruben, welche, laut den Forschern, bewusst ausgehoben und danach wieder befüllt wurden, mit der Absicht, die sterblichen Überreste zu verbergen. In diesen Gruben konnten mindestens fünf Individuen nachgewiesen werden.
Die Entdeckung stellt bisherige Auffassung der menschlichen Evolutionsgeschichte infrage, insbesondere die Annahme, dass erst mit der Entstehung größerer Gehirne komplexe Verhaltensweisen wie die Beerdigung der Verstorbenen ermöglicht wurden. Homo naledi wird als Zwischenglied zwischen den menschenähnlichen Affen und dem modernen Menschen betrachtet.
Mit einem Gehirn, das die Größe einer Orange hatte, einer Körpergröße von etwa 1,50 Metern, der Fähigkeit, Werkzeuge einzusetzen und auf zwei Beinen aufrecht zu gehen, unterschied sich Homo naledi von den Vorstellungen, die wir bisher von unseren Vorfahren hatten. Die Auffindung dieser Art vor einem Jahrzehnt hat unsere Auffassung von der linearen Progression der menschlichen Evolution radikal verändert.
Berger hat in der Wissenschaftswelt eine kontroverse Position. Dem Wissenschaftler, der mittlerweile 57 Jahre alt ist, wird eine fehlende wissenschaftliche Sorgfalt sowie eine Neigung zu voreiligen Interpretationen zur Last gelegt. Er erfuhr Kritik für seine Bereitschaft, dem Homo naledi Fähigkeiten zuzuschreiben, für die das Gehirn dieser Art als zu klein erachtet wurde. Trotz dieser Kritik unterstreicht Berger in der jüngsten Publikation erneut seine Überzeugung, dass nicht alles auf die Größe des Gehirns zurückzuführen ist.
„Wir sind dabei, der Welt klarzumachen, dass das nicht der Fall ist.“