Robert Klatt
In der Jungsteinzeit kam es in Nordeuropa zu einem plötzlichen Klimawandel, der die Landwirtschaft stark betroffen hat. Die Menschen haben verursacht, die Veränderungen mit Sonnensteinen zu bekämpfen.
Kopenhagen (Dänemark). In der Menschheitsgeschichte haben Vulkanausbrüche mehrere Katastrophen ausgelöst. Laut Überlieferungen aus dem antiken Griechenland und dem Römischen Reich kam es im Jahr 43 vor Christus zu Ernteausfällen und Hungersnöten, die durch einen Vulkanausbruch im heutigen Alaska ausgelöst wurden. Die starke Eruption des Vulkans Okmok hat große Mengen Asche und Schwefel freigesetzt, die in den folgenden Jahren den Mittelmeerraum verdunkelt haben.
Eine neue Studie der University of Copenhagen (KU) zeigt nun, dass in der Jungsteinzeit um 2900 v. Chr. ein ähnliches Ereignis stattgefunden hat. Laut Eisbohrkernen aus Grönland mit starken Schwefelablagerungen muss es in diesem Zeitraum einen massiven Vulkanausbruch gegeben haben, den die Wissenschaft mangels schriftlicher Überlieferungen zuvor noch nicht kannte. Baumringe und fossiles Holz zeigen, dass die Aschewolken des Vulkans zu einer signifikanten Verdunkelung der Sonne geführt haben.
Laut den Forschern waren die Folgen für die jungsteinzeitlichen Menschen in Nordeuropa katastrophal, weil diese von der Landwirtschaft abhängig waren. Der plötzliche Klimawandel hat also ihre Lebensgrundlage bedroht.
„Wenn man keine Ernte hat, die man einbringen kann, hat man im nächsten Jahr nichts zum Säen. Sie müssen sich damals geradezu bestraft gefühlt haben, es war eine nicht enden wollende Katastrophe, die da über sie kam.“
Die Bewohner der Insel Bornholm in der Ostsee haben laut der im Fachmagazin Antiquity publizierten Studie verursacht, den Klimawandel mit hunderten Sonnensteinen zu bekämpfen. Diese jungsteinzeitlichen Relikte wurden bisher fast nur in der Fundstätte Vasagård auf Bornholm entdeckt. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Steinzeitmenschen die Sonnensteine mit ihren Sonnen- und Pflanzenmotiven für rituelle Handlungen verwendet haben, die die Sonnen zurückbringen sollten.
Insgesamt haben die Forscher in der Fundstelle Vasagård 614 Sonnensteine entdeckt. Diese waren in Gräben um Einfriedungen angeordnet. Die Fundschicht wurde auf ein Alter von etwa 4900 Jahren datiert und gehörte damit zur späten Trichterbecherkultur, die bis etwa 2900 bis 2800 v. Chr. auf Bornholm gelebt hat.
„Die Sonnensteine sind absolut einzigartig, auch im europäischen Kontext. Sie zeigen, dass die Niederlegung von Verehrungsbezeugungen für die Sonne ein uraltes Phänomen ist.“
Die Archäologie ging zuvor davon aus, dass die Sonnensteine und die ebenfalls dort platzierten Tierknochen, Feuersteingegenstände und Tongefäße dazu dienen sollten, eine gute Ernte zu sichern.
„Aber warum haben sie all diese Bilder zur selben Zeit deponiert? Das Letzte, was sie hier im Grunde genommen taten, war, diese Sonnensteine zu deponieren und sie dann mit Tierknochenstücken, allen möglichen Artefakten und dergleichen zu bedecken. Und das wiederholt sich von Graben zu Graben – als ob sie im Rahmen einer kultischen Handlung oder anlässlich eines bestimmten Ereignisses hier abgelegt wurden.“
Die neuen Entdeckungen in Kombination mit den Analysen der Eisbohrkerne zeigen jedoch, dass ein klarer Zusammenhang zwischen der Klimaveränderung durch den Vulkanausbruch und den Sonnensteinen besteht.
„Es ist anzunehmen, dass sich die neolithischen Menschen auf Bornholm durch die Opferung von Sonnensteinen vor einer weiteren Verschlechterung des Klimas schützen wollten – oder vielleicht wollten sie ihre Dankbarkeit dafür zeigen, dass die Sonne wieder zurückgekehrt war.“
Die Forscher gehen davon aus, dass die Sonnensteine die ersten Relikte eines neolithischen Sonnenkults in Südskandinavien sind. In der Region wurden später weitere Objekte wie ein Sonnenwagen aus der nordischen Bronzezeit entdeckt.
„Bei den Sonnensteinen gibt es meiner Meinung nach keinen Zweifel. Es handelt sich ganz einfach um eine unglaubliche Entdeckung, die zeigt, dass die Niederlegung von Ehrenbezeugungen für die Sonne ein uraltes Phänomen ist.“
Es ist jedoch noch nicht geklärt, wieso nur auf Bornholm Sonnensteine entdeckt wurden, obwohl der Vulkanausbruch auch im übrigen Südskandinavien deutliche Auswirkungen gehabt haben muss. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass auf Bornholm ausreichend Schiefergestein vorhanden war, das für die Sonnensteine verwendet werden konnte.
„Es könnten auch anderswo Gravuren auf Holz- oder Lederstücken angefertigt worden sein.“
Antiquity, doi: 10.15184/aqy.2024.217