Robert Klatt
Arbeiter haben in einem englischen Steinbruch, mehr als 300 Meter vom Meer entfernt, überraschend ein Schiffswrack aus dem elisabethanischen Zeitalter entdeckt.
Kent (England). In Europa war das 16. und 17. Jahrhundert die Hochzeit der großen Seeschlachten und des Seehandels. Die große Nachfrage nach wehrhaften Schiffen führte besonders in Nordeuropa und England zur Entwicklung neuer Technologien und Schiffstypen. Arbeiter haben nun ein Schiffswrack aus der Hochzeit des englischen Schiffbaus an einem ungewöhnlichen Ort entdeckt.
Daraufhin benachrichtigten sie die Archäologen von Wessex Archaeology und Historic England, die das Wrack, das nicht wie üblich am Grund eines Flusses oder am Meeresgrund, sondern im Sediment eines Steinbruchs in der Grafschaft Kent gefunden wurde, näher untersuchten.
Der Fund besteht hauptsächlich aus dem hölzernen Rumpf des Schiffswracks, von dem noch etwa 100 große Eichenplanken gut erhalten sind. Laut einer dendrochronologischen Analyse wurde das Holz zwischen 1558 und 1580 gewonnen. Demnach wurde das Schiff im elisabethanischen Zeitalter, einer Epoche, bei dem der Seehandel immer wichtiger für Englands Wohlstand und Macht wurde, gebaut. Laut Andrea Hamel könnte das Schiffswrack viel über dieses Zeitalter verraten.
„Ein Schiff aus dem späten 16. Jahrhundert im Sediment eines Steinbruchs zu finden, war ziemlich unerwartet, aber sehr willkommen. Das Schiff hat das Potenzial, uns einiges über eine Zeitperiode zu verraten, aus der nur wenige Zeugnisse des Schiffbaus erhalten geblieben sind.“
Noch ist unklar, um welches Schiff es sich bei dem Wrack handelt. Damit das seltene Relikt aus der elisabethanischen Zeit möglichst gut erhalten bleibt, wurde das Wrack nur per Laserscanning und digitalen Aufnahmen dokumentiert, aber nicht geborgen. Wenn die Untersuchung abgeschlossen ist, wird das Schiffswrack wieder unter dem Schlick des Steinbruchs vergraben, damit dieser es konserviert.
Das Schiff wurde bereits in der Kraweeltechnik gebaut, die sich deutlich von der Klinkertechnik der Wikingerboote unterscheidet. Bei der Klinkertechnik werden Schiffsplanken überlappend montiert und direkt verbunden. Bei der Kraweeltechnik, die damals in Nordeuropa noch sehr neu war, werden die Planken hingegen Kante an Kante auf einem Skelett montiert. Dadurch entsteht ein glatter und belastbarer Rumpf.
„Die Überreste dieses Schiffs sind daher wirklich bedeutsam, denn sie helfen uns, das Spektrum des Schiffbaus und Seehandels in dieser dynamischen Periode besser zu verstehen.“
Die Archäologen gehen davon aus, dass der Fundort des Wracks, der derzeit etwa 300 Meter vom Meer entfernt liegt, vor 450 Jahren noch an der Küste vor. Damals ist das Schiff dann entweder auf Grund gelaufen oder wurde am Ende seiner Nutzungsdauer absichtlich dort versenkt.