Robert Klatt
Eine Analyse des Mageninhalts der etwa 5.000 Jahren alten Eismumie Ötzi zeigt, dass Menschen in den Hochalpen während der Kupferzeit eine sehr fettreiche Ernährung hatten, um sich dem hohen Energiebedarf der Region anzupassen. Gefunden wurden außerdem giftige Pflanzen, die möglicherweise als Medizin genutzt wurden.
Bozen (Italien). Wanderer haben in den Ötztaler Alpen bereits am 19. September 1991 eine etwa 5.000 Jahre alte Eismumie aus der Kupferzeit entdeckt, die der Wissenschaft zahlreiche Einblicke in die Vergangenheit ermöglichte. Auch Rückschlüsse auf die damalige Ernährung des Menschen waren anhand von Analysen des konservierten Darminhalts des sogenannten Ötzi möglich. Laut dem Institut für Mumienforschung in Bozen gehörten zu den typischen Lebensmitteln während der Kupferzeit in dieser Region Pflanzen und Moose sowie Fleisch.
Nun haben Wissenschaftler rund um Frank Maixner den Mageninhalt der Mumie analysiert, um weitere Details über dessen Ernährung und vor allem über die letzte Mahlzeit zu erlangen.
Laut der im Fachmagazin Current Biology veröffentlichten Forschungsarbeit war die Analyse des Mageninhalts zuvor nicht möglich, weil Ötzis Magen durch den Mumifizierungsprozess verrutschte und aufgrund der unerwarteten Positionen im Körper erst im Jahr 2009 identifiziert werden konnte. Albert Zink, Co-Autor des Papers erklärt, dass der Mageninhalt im Vergleich zu den Proben aus dem Darm gut konserviert war und große Mengen von Biomolekülen wie Lipiden enthielt, die die Wissenschaftler für ihre Analysen nutzen konnten.
Die Analyse des Mageninhalts erfolgte durch eine Kombination moderner molekularer Analyseverfahren und klassischer Mikroskopie. Dabei stellte sich heraus, dass der im Eis mumifizierte Mensch zu Lebzeiten eine sehr fettreiche Ernährungsweise hatte. Etwa der halbe Mageninhalt bestand laut den Wissenschaftlern aus Fettgewebe, das vor allem in Form von Wildfleisch konsumiert wurde. Es handelte sich dabei vermutlich um Steinbock.
Wie Zink erklärt „verlangt die Höhenluft und die Kälte in den Hochalpen der menschlichen Physiologie einiges ab.“ Eine optimale Nährstoffversorgung ist unter diesen Lebensbedingungen daher besonders wichtig, um gefährliche Energieverluste zu vermeiden. Laut Zink deutet der Mageninhalt daraufhin, dass „bereits Ötzi gewusst hat, dass Fett eine exzellente Energiequelle ist.“
Außerdem fanden die Forscher neben Fleisch auch Kohlenhydrate aus pflanzlichen Quellen wie zum Beispiel Einkorn-Getreide. Überraschenderweise enthielt der Magen auch die giftige Pflanze Adlerfarn. Möglicherweise wurde diese von den Menschen der Kupferzeit als Medikament gegen Bauchschmerzen genutzt. Dafür spricht auch, dass im Körper der Mumie Würmer und andere Parasiten gefunden wurden, die möglicherweise durch den Adlerfarn behandelt wurden.
Eine alternative Erklärung ist, dass Ötzi die Pflanze lediglich als Verpackungsmaterial für sein Fleisch nutzt und dabei versehentlich kleine Stücke konsumierte.
Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2018.05.067