Robert Klatt
Ein in China gefundenes fossiles Nest belegt erstmals, dass Dinosaurier ihre Eier wie heutige Vögel ausbrüteten.
Kunming (China). Fossile Gelege und Embryos, die von Paläontologen bei Ausgrabungen entdeckt wurden, zeigen, dass die meisten Dinosaurier Eier legten. Eine leicht erhöhte Entwicklungstemperatur der Eier, die per Isotopenanalysen nachgewiesen wurde, deutet darauf hin, dass die Eier ausgebrütet wurden. Einen Beweis dafür konnte die Wissenschaft lange aber nicht erbringen.
Ein Team um Shundong Bi von der Yunnan Universität hat in der südchinesischen Stadt Ganzhou nun ein fossiles Nest mit Eiern entdeckt, die von einem erwachsenen Dinosaurier ausgebrütet wurden. Das Nest stammt aus der späten Kreidezeit und ist etwa 70 Millionen Jahre alt.
Laut der Publikation im Science Bulletin stammen die Fossilien von einem Raubsaurier aus der Gruppe der Oviraptorosaurier. Das erwachsene Tier ist bis auf den fehlenden Schädel vollständig erhalten und liegt in gekrümmter Stellung über den Eiern. Im Nest enthalten sind über 20 Eier, von denen ein Großteil nicht beschädigt ist. Überraschend an der Entdeckung ist aber vor allen, dass sich in mindestens sieben der Eier noch ungeschlüpfte Embryos befinden.
Shundong Bi: „Dinosaurier auf ihrem Nest sind als Fossilien ebenso selten wie fossilisierte Dinosaurier-Embryos. Dies ist das erste Mal, dass beides in einem einzigen, spektakulären Fund zusammenkommt: ein Dinosaurier, der auf seinem Nest mit erhaltenen Embryos im Ei sitzt.“
Bei zuvor in der Nähe von Nestern gefunden Fossilien war es hingegen unklar, ob es sich dabei um ein Elterntier oder einen Nesträuber handelt, weil sie ausgegrabenen Eier entweder zerstört oder leer waren.
Das nun ein Oviraptorosaurier mit noch ungeschlüpften Eier, die teilweise aber schon weit entwickelt waren, gefunden wurde, belegt laut den Forschern, dass es sich um ein brütendes Elterntier handelt. Ein Tod beim Eierlegen ist aufgrund der fortgeschrittenen Entwicklung der Jungtiere hingegen unwahrscheinlich.
Die Entdecker gehen stattdessen davon aus, dass der Dinosaurier beim Brüten überrascht wurde und starb. Damit belegt die Ausgrabung ein echtes Brutverhalten, das dem Verhalten heutiger Vögel gleicht.
Matthew Lamanna, Carnegie Museum of Natural History: „In unserem Fund waren die Jungtiere fast reif zum Schlüpfen. Das sagt uns ohne Zweifel, dass dieser Oviraptoride sein Gelege schon längere Zeit umsorgt hat. Dieser Dinosaurier war ein fürsorgliches Elternteil, das letztlich sein Leben gab, während es sich um den Nachwuchs kümmerte. Diese Art von Entdeckung ist unter allen seltenen Dinosaurierfunden die seltenste – im Prinzip sehen wir hier fossilisiertes Verhalten.“
Auch eine nähere Analyse der Eier bestätigt ein Brutverhalten des adulten Dinosauriers. Die Sauerstoff-Isotope in den fossilen Embryos belegen eine Entwicklung bei einer Temperatur zwischen 30 und 38 Grad Celsius, also deutlich oberhalb der damaligen Umgebungstemperatur, was ebenfalls stark für ein Ausbrüten der Eier spricht.
Science Bulletin, doi: 10.1016/j.scib.2020.12.018