Frühes Pleistozän

Extremkälte hat Europas Urmenschen ausgelöscht

Robert Klatt

Überreste eines Urmenschen, der an Extremkälte gestorben ist )kcotS ebodAkirasaM(Foto: © 

Neue Proben zeigen, dass es in Südeuropa im frühen Pleistozän zu einer Extremkälte kam. Die harten klimatischen Bedingungen führten vor rund 1,1 Millionen Jahren dazu, dass das Gebiet entvölkert wurde, weil Urmenschen sich nicht anpassen konnten.

London (England). Die Archäologie hat die ältesten bekannten menschlichen Überreste in Europa im Gebiet des heutigen Spaniens entdeckt. Analysen der Überreste deuten darauf hin, dass die ersten Menschen vor etwa 1,4 Millionen Jahren aus Südwestasien nach Europa gekommen sind. In dieser Zeit war das Klima überwiegend warm und wurde nur von kürzeren, milden Kälteperioden unterbrochen.

Bisher ging die Wissenschaft davon aus, dass die Urmenschen mehrere Klimazyklen überstehen konnten und dazu in der Lage waren, sich an die immer härteren klimatischen Bedingungen anzupassen. Forscher des University College London (UCL) um Chronis Tzedakis haben nun eine zuvor unbekannte Extremkältezeit in Europa vor etwa 1,1 Millionen Jahren entdeckt. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science hat dieses glaziale Ereignis das europäische Klima so stark abgekühlt, dass die dort lebenden Urmenschen ausgelöscht wurden.

„Unsere Entdeckung eines extremen glazialen Kühlerlebnisses vor 1,1 Millionen Jahren stellt die Idee einer kontinuierlichen frühen menschlichen Besiedlung Europas infrage.“

Meeresmikroorganismen und Tiefseesedimentkern untersucht

Entdeckt wurde die eiszeitliche Abkühlung in Europa anhand von Analysen der chemischen Zusammensetzung von Meeresmikroorganismen und dem Pollengehalt in einem Tiefseesedimentkern, den die Forscher vor der Küste Portugals entnommen haben. Die Proben belegen eine abrupte Klimaveränderungen, die dazu führte, dass die Meeresoberflächentemperaturen vor Lissabon bei unter sechs Grad Celsius lagen. Es handelte sich dabei laut Vasiliki Margari um eines der schwersten Klimaergebnisse.

„Zu unserer Überraschung stellten wir fest, dass diese Abkühlung vor 1,1 Millionen Jahren mit einigen der schwersten Ereignisse der jüngsten Eiszeiten vergleichbar war.“

Klimasimulation zeigt Auswirkungen auf Urmenschen

Um die Auswirkungen der Extremkälte auf die Urmenschenpopulation zu untersuchen, führten Forscher um Axel Timmermann vom IBS-Zentrum für Klimaphysik an der Pusan National University eine Klimasimulation durch. Die Ergebnisse kombinierten sie mit fossilen und archäologischen Belegen für menschliche Besiedlung Europas. Sie konnten ein Modell entwickeln, das offenbart, in welchen Gebieten die Urmenschen leben konnten.

„Die Ergebnisse zeigten, dass das Klima rund um das Mittelmeer vor 1,1 Millionen Jahren zu feindlich für archaische Menschen wurde.“

Dies bestätigt auch Nick Ashton vom British Museum, laut dem Urmenschen kaum unter den klimatischen Bedingungen leben konnten.

„Eine Abkühlung dieses Ausmaßes hätte kleine Jäger- und Sammlergruppen erheblich unter Druck gesetzt, insbesondere da frühe Menschen möglicherweise nicht über Anpassungen wie ausreichende Fettdämmung verfügten und auch nicht die Mittel hatten, Feuer zu machen, effektive Kleidung oder Unterkünfte zu schaffen.“

Südeuropa war im frühen Pleistozän entvölkert

Die paläoklimatischen Daten und die Ergebnisse der Modellrechnungen zeigen, dass Südeuropa im frühen Pleistozän durch die Extremkälte entvölkert wurden. Dies wird auch durch den Mangel an Steinwerkzeugen und menschlichen Überresten in den nächsten 200.000 Jahren belegt, die für eine lang anhaltenden Besiedlungspause sprechen. 

Science, doi: 10.1126/science.adf4445

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