Robert Klatt
Der Klimawandel hat den Menschen im östlichen Afrika zu technischen und sozialen Innovationen getrieben und dadurch seine Entwicklung deutlich beschleunigt. Auch die weltweite Ausbreitung des Homo sapiens geht wahrscheinlich auf die extremen Klimaveränderungen zurück.
Köln (Deutschland). Die Evolution des modernen Menschen im östlichen Afrika wurde laut einer neuen Studie durch den Klimawandel entscheidend beeinflusst. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Geoscience ermittelte dies ein internationales Team aus Wissenschaftlern unter Beteiligung der Universität Köln anhand von Bohrkernen aus dem Süden Äthiopiens. Die Sedimentproben ermöglichten es, die extremen Klimaveränderungen zu rekonstruieren und diese mit der technologischen Entwicklung der frühen Menschen zeitlich zu verbinden. Es gab demnach bei den Entwicklungsschüben der Menschheit der Schlüsselphasen.
Die erste Phase, etwa 620.000 bis 275.000 Jahren vor heute, zeichnete sich durch feuchte Bedingungen aus. Diese wurden aber durch kurze Trockenheitsschübe und Hitzewellen unterbrochen. Es kam dadurch zu einer Aufspaltung der Lebensräume der frühen Menschen und einer Verschiebung der Populationsdynamik. Isolierte Populationen mussten sich demnach an die starken klimatischen Veränderungen ihrer Lebensräume anpassen. Es ist denkbar, dass dies zu einer Abspaltung unserer modernen menschlichen Vorfahren geführt hat. Zudem gehen die Autoren davon aus, dass die extreme Trockenheit zum Aussterben lokaler Gruppen geführt hat.
Es folgte danach, etwa zwischen 275.000 und 60.000 Jahren vor heute, eine zweite Phase mit starken Klimaschwankungen, die die Lebensräume der frühen Menschen im östlichen Afrika mehrfach stark veränderten. In dieser Phase entwickelten die Menschen technische und soziale Innovationen, mit denen sie sich ihre neuen Lebensbedingungen anpassen konnten und der Homo sapiens entstand in Ostafrika.
In der dritten Phase, etwa zwischen 60.000 bis 10.000 Jahren vor heute, kam es in Ostafrika zu den extremsten Klimaschwankungen, darunter auch die trockenste Periode im gesamten untersuchten Zeitraum. Laut der Studie könnte dies den kontinuierlichen kulturellen Wandel der frühen modernen Menschen beschleunigt haben. Die Autoren gehen zudem davon aus, dass in diesem Zeitraum durch kurze feuchte Phasen Migrationsrouten entstanden sind, die es dem Homo sapiens ermöglicht haben, sich aus Afrika über die gesamte Erde auszubreiten.
Die Studie ist ein Teil des Hominin Sites and Paleolakes Drilling Project (HSPDP), das die Auswirkungen der Klimaveränderungen auf die Lebensbedingungen der frühen Menschen untersucht. Wie Verena Förster von der Universität zu Köln erklärt, sind die Ergebnisse auch angesichts des aktuellen Klimawandels von hoher Bedeutung.
„Angesichts der aktuellen Bedrohungen durch den Klimawandel und die Überbeanspruchung natürlicher Ressourcen für den menschlichen Lebensraum ist es wichtiger denn je, die Beziehung zwischen Klima und menschlicher Entwicklung zu verstehen.“
Entnommen wurden die analysierten Bodenproben im Rahmen eines Tiefbohrprojekts im Chew-Bahir-Becken im Süden Äthiopiens. Es handelt sich dabei um eine Region mit wichtigen paläoanthropologischen und archäologischen Fundstätten
Nature Geoscience, doi: 10.1038/s41561-022-01032-y