Elfenbeinküste in Westafrika

Menschen haben Regenwälder deutlich früher besiedelt, als bisher gedacht

 Robert Klatt

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Regenwälder galten lange als natürliche Grenze für die menschliche Besiedlung. Nun wurde entdeckt, dass Homo sapiens bereits deutlich früher in den Regenwäldern Afrikas gelebt haben, als bisher angenommen wurde.

Jena (Deutschland). Laut den Vereinten Nationen (UN) leben aktuell etwa 370 bis 450 Millionen indigene Menschen. In der Wissenschaft ist es umstritten, wie viele Menschen davon in Regenwäldern leben. Je nach Schätzung geht man von zwei bis 60 Millionen aus. Es ist zudem strittig, wann die ersten Menschen die nur schwer zugänglichen Regenwälder besiedelt haben.

Forscher des Max-Planck-Instituts für Geoanthropologie (MPI-SHH) haben nun eine Studie publiziert, laut der Menschen bereits seit mindestens 150.000 Jahren Menschen in den westafrikanischen Regenwäldern leben. Weil dies deutlich früher ist, als bisher angenommen wurde, empfehlen die Forscher, dass auch diese Lebensräume in Hinblick auf die menschliche Evolution stärker untersucht werden sollten. Bisher hat man sich dabei primär auf die gemäßigten Klimazonen und offenen Savannen beschränkt, während Regenwälder kaum berücksichtigt wurden und als natürliche Grenze für die menschliche Besiedlung galten.

Elfenbeinküste in Westafrika

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature haben die Forscher einen archäologischen Fundort an der Elfenbeinküste erneut untersucht. Dabei haben die Relikte entdeckt, die belegen, dass Menschen in den Regenwäldern dieser Region schon deutlich früher gelebt haben, als zuvor nachgewiesen werden konnte.

„Mehrere aktuelle Klimamodelle deuten darauf hin, dass das Gebiet in der Vergangenheit auch ein Regenwaldgebiet gewesen sein könnte, selbst während der Trockenperioden der Waldfragmentierung. Wir wussten, dass der Fundort die beste Möglichkeit bot, herauszufinden, wie weit in die Vergangenheit sich die Besiedlung des Regenwaldes erstreckte.“

Der Fundort wurde bereits in den 1980er-Jahren von Forschern der Université Félix Houphouët-Boigny entdeckt. Die damals gefundenen Hinweise auf eine alte menschliche Besiedlung konnten die Wissenschaftler mit den damals existierenden Methoden aber nicht ausreichend genau datieren.

„Mit der Hilfe von Professor Guédé haben wir den ursprünglichen Graben wiedergefunden und konnten ihn mit modernsten Methoden untersuchen, die vor dreißig bis vierzig Jahren noch nicht verfügbar waren.“

Frühe Besiedlung des Regenwaldes

Mit aktuellen Techniken, darunter das Elektronenspinresonanz-Verfahren (ESR) und die optisch stimulierte Lumineszenz (OSL), haben die Forscher festgestellt, dass Homo sapiens bereits vor rund 150.000 Jahren den Regenwald in Westafrika besiedelt hat. 

„Vor unserer Studie lag der älteste gesicherte Nachweis für die Besiedlung afrikanischer Regenwälder bei etwa 18.000 Jahren und der älteste Nachweis für die Besiedlung von Regenwäldern überhaupt in Südostasien bei etwa 70.000 Jahren. Damit verschiebt sich der älteste bekannte Nachweis von Menschen in Regenwäldern um mehr als das Doppelte der bisher bekannten Schätzung nach hinten.“

Die Wissenschaftler haben außerdem detaillierte Umweltanalysen erstellt, die zeigen, dass die Region vor 150.000 Jahren durch einen dichten Regenwald bedeckt wurde. Ein nur geringer Anteil an Gräserpollen zeigt, dass die damaligen Menschen nicht am Rand des Waldes, sondern tief in ihm, gelebt haben.

„Diese aufregende Entdeckung ist die erste einer langen Liste, denn es gibt noch weitere Fundorte in der Elfenbeinküste, die darauf warten, untersucht zu werden, um die menschliche Präsenz im Zusammenhang mit dem Regenwald zu erforschen.“

Laut den Forschern ergeben sich aus den neuen Erkenntnissen jedoch auch neue Fragen, darunter auch Fragen zur frühen Veränderung der Umwelt durch den Menschen.

„Wir müssen uns nun fragen, wie sich diese frühen menschlichen Nischenexpansionen auf die Pflanzen und Tiere auswirkten, die sich den gleichen Lebensraum mit den Menschen teilten. Mit anderen Worten: Wie weit zurückreicht die Veränderung unberührter natürlicher Lebensräume durch den Menschen?“

Nature, doi: 10.1038/s41586-025-08613-y

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