Robert Klatt
Bisher ging man davon aus, dass Pliosaurier etwa sechs Meter lang wurden. Ein Zufallsfund aus einem Museum zeigt nun, dass die Meeressaurier deutlich größer waren und die Ozeane dominiert haben.
Portsmouth (England). In der Wissenschaft existierte bisher die Annahme, dass Liopleurodon, eine Gattung der Pliosaurier, eine Maximallänge von etwa sechs Metern erreicht haben. In der BBC-Dokumentarserie „Walking with Dinosaurs“ wurden Liopleurodon gezeigt, die rund 25 Meter lang waren. Diese Darstellung wurde von vielen Experten als übertrieben kritisiert.
Forscher der University of Portsmouth um David Martill haben im Abingdon County Hall Museum kürzlich einen Zufallsfund gemacht, laut dem die im Meer lebenden Dinosaurier eine Länge von 14,4 Metern erreichen konnten, also etwa die Doppelte Größe eines Schwertwals. Tatsächlich waren Liopleurodon also nicht so groß, wie dies in der Serie dargestellt wurde, aber deutlich größer, als die Forschung bisher angenommen hat.
„Ich war Berater für das BBC-Pilotprogramm und ich gebe zu, dass ich lag mit der Größenangabe des Liopleurodon völlig daneben. Ich stützte meine Berechnungen auf fragmentarisches Material, das darauf hindeutete, dass ein Liopleurodon eine Länge von 25 Metern erreichen könnte, doch die Beweise waren dünn und es gab damals viel Kontroverse. Die Größenschätzung der BBC im Jahr 1999 war übertrieben, aber jetzt haben wir dank einer glücklichen Entdeckung vier riesige Wirbel, die weitaus verlässlichere Beweise darstellen.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Proceedings of the Geologists' Association haben die Forscher zufällig einen großen Wirbel im Abingdon County Hall Museum entdeckt. Ein Kurator machte sie daraufhin auf drei weitere große Wirbel aufmerksam. Die Wirbel lassen sich eindeutig als nahe Verwandte einer Pliosaurus-Art oder eines ähnlichen Tieres identifizieren. Pliosaurier waren wie Plesiosaurier, hatten aber einen größeren, verlängerten Kopf, ähnlich einem Krokodil und einen kürzeren Hals. Sie hatten vier Flossen, die als kräftige Paddel dienten, um sie durch das Wasser zu treiben, und einen relativ kurzen Schwanz.
Die Wirbel wurden ursprünglich während temporärer Ausgrabungen auf der Warren Farm im River Thames Valley in Oxfordshire entdeckt und stammen aus der Kimmeridge Clay Formation. Diese Ablagerung ist spätjurassisch und etwa 152 Millionen Jahre alt.
Nach topographischen Scans berechneten die Forscher, dass dieses marine Reptil des späten Jura zwischen 9,8 und 14,4 Meter lang geworden sein könnte.
„Wir wissen, dass diese Pliosaurier sehr furchterregende Tiere waren, die in den Meeren schwammen, die Oxfordshire vor 145 bis 152 Millionen Jahren bedeckten. Sie hatten einen massiven Schädel mit riesigen, wie Dolche hervorstehenden Zähnen, der so groß, wenn nicht größer als ein T. rex, und sicherlich mächtiger.“
Die Forscher halten es für wahrscheinlich, dass die Pliosaurier die Ozeane dominierten und kleinere Meereskrokodile sowie Ichthyosaurier als Beute hatten. Sie bissen ihre Opfer mit solcher Kraft, dass sie sie buchstäblich in zwei Teile zerlegten und anschließend Stück für Stück verspeisten. Heute können diese Jagdmethoden noch anhand von Bissmarken auf Ichthyosaurierknochen nachvollzogen werden.
„Es ist wunderbar zu beweisen, dass es tatsächlich eine wirklich gigantische Pliosaurus-Art in den Meeren des späten Jura gab. Obwohl wir noch nicht auf einer Stufe mit den Behauptungen über den Liopleurodon in der ikonischen BBC-TV-Serie sind, würde es mich nicht überraschen, wenn wir eines Tages klare Beweise dafür finden, dass diese monströse Art noch größer war."
Proceedings of the Geologists' Association, doi: 10.1016/j.pgeola.2023.04.005