Prähistorische Steppennomaden

Rätsel um den Ursprung der indoeuropäischen Sprache gelöst

 Robert Klatt

Jamnaja in den Steppen Eurasiens (Symbolbild) )kcotS ebodAanirehtaG(Foto: © 

Die indoeuropäische Sprachfamilie wird heute von der halben Weltbevölkerung gesprochen. DNA-Analysen haben nun eine jahrzehntealte Streitfrage um die Herkunft der Sprache gelöst.

Cambridge (U.S.A.). Die indoeuropäische Sprachfamilie umfasst etwa 400 Sprachen, darunter auch Deutsch. In der Forschung war es bisher jedoch umstritten, wo die Urform dieser Sprachen entstanden ist. Archäologische und genetische Funde zeigen, dass Reiternomaden der Jamanja, die in der Bronzezeit nach Europa gewandert sind, die Indoeuropäische Sprache nach Europa gebracht haben. Woher die Vorfahren der Jamanja, die das Indoeuropäische entwickelt haben, kamen, war jedoch unklar.

Laut der Ackerbauerhypothese hat sich die Urform des Indoeuropäischen vor rund 8.000 Jahren in Anatolien entwickelt. Anschließend sollen aus der Ursprache das Indoeuropäische und weitere Sprachen entstanden sein. Die Steppenhypothese ging hingegen davon aus, dass das Indoeuropäische vor 6.500 Jahren in Zentralasien entstanden ist. Beide Hypothesen werden von genetischen und sprachwissenschaftlichen Indizien gestützt, konnten bisher aber nicht belegt oder widerlegt werden.

Rätsel der indoeuropäischen Sprache gelöst

Forscher der Harvard University (Harvard) haben nun das Rätsel um den Ursprung der indoeuropäischen Sprache gelöst. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature haben sie dazu die DNA von Menschen analysiert, die zwischen 6.400 und 2.000 vor Christus in der Pontisch-Kaspischen Steppe begraben wurden. Außerdem haben sie archäologische Daten analysiert, um die Verbreitungsgeschichte der Jamnaja zu rekonstruieren.

Die Analysen zeigen, dass die Kultur und ihre Sprache sich aus drei Vorläufern entwickelt haben, nämlich die Vorfahren an der Wolga und am Dnipro und eine dritte Gruppe. Diese hat vor rund 6.400 bis 6.000 Jahren zwischen dem Kaukasus und der unteren Wolga gelebt und wurde zuvor noch nicht beschrieben.

„Diese Kaukasus-Wolga-Linie war die Quelle, aus der sich die Vorfahren der Jamanja entwickelten.“

Kaukasus-Wolga-Linie war entscheidend für Jamnaja

Laut den Wissenschaftlern hat die Kaukasus-Wolga-Linie einen Großteil zu den Jamnaja beigetragen, als sich die Jäger, Sammler und Bauern vermischt haben.

„Die Menschen der Kaukasus-Wolga-Linie zogen aber auch nach Süden, was die Steppenanteile in Menschen des kupfersteinzeitlichen Armeniens erklärt.“

Die Bewegung der Menschen von den Steppen bis nach Anatolien hat die genetischen und linguistischen Einflüsse nach Europa gebracht. Dort hatten die Jamnaja einen Anteil von rund zehn Prozent an Völkergemisch im Hethiterreich.

„Die Entdeckung der CLV-Bevölkerung als das ‚Missing Link‘ in der indoeuropäischen Geschichte markiert einen Wendepunkt in der 200 Jahre alten Suche nach den Ursprüngen der Indoeuropäer und den Wegen, auf denen sich diese Menschen über Europa und Teile Asiens ausbreiteten.“

Gemeinsame Wurzelnn des Indoeuropäischen und des Hethitisch-Anatolischen

Wie die Forscher erklären, beantworten die DNA-Analysen nicht nur das Rätsel um die Entstehungsgeschichte der Indoeuropäischen Sprache, sondern lösen auch die beiden Entstehungshypothesen. Das Indoeuropäische und das Hethitisch-Anatolische haben sich demnach nicht separat voneinander entwickelt, sondern haben einen zumindest teilweise gemeinsamen Ursprung.

„Wir nutzen daher eine neuere Terminologie, die die gesamte Gruppe als Indo-Anatolisch bezeichnet.“

Die Aufteilung des Indo-Anatolischen in das Indoeuropäische und des Hethitisch-Anatolischen ist laut der Studie vor etwa 6.500 bis 6.300 Jahren erfolgt.

„Dies ereignete sich sowohl vor dem Aufkommen des Hethitischen als auch vor der Verbreitung der Jamnaja.“

Nature, doi: 10.1038/s41586-024-08531-5

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