Robert Klatt
Fleischkonsum gilt es entscheidender Schritt in der Evolution des Menschen. Vormenschen der Gattung Australopithecus haben sich jedoch nahezu ausschließlich vegetarisch ernährt.
Mainz (Deutschland). Theorien zur Evolution des Menschen gehen davon aus, dass der Mensch sein großes Gehirn entwickeln konnte, weil er seine zuvor nahezu rein pflanzliche Ernährung auf eine omnivore Ernährung mit einem großen Fleischanteil umgestellt hat. Forscher des Max-Planck-Instituts für Chemie (MPI C) haben jedoch nun entdeckt, dass Vormenschen der Gattung Australopithecus eine nahezu ausschließlich vegetarische Ernährung hatten.
Laut der Publikation im Fachmagazin Science haben die Vormenschen vor etwa 3,7 bis 3,3 Millionen Jahren im südlichen Afrika gelebt. Die Australopithecus besaßen bereits Eigenschaften des modernen Menschen, darunter der aufrechte Gang. Viele Eigenschaften ähnelten jedoch nicht denen von Affen.
Um die Ernährung der Vormenschen zu rekonstruieren, haben die Forscher Zahnschmelzproben von sieben Vormenschen analysiert, die in einer Höhle in Südafrika, in der Nähe von Johannesburg, entdeckt wurden. Diese Region gilt in der Wissenschaft als Wiege der Menschheit. Die Ergebnisse der Isotopenanalyse haben die Forscher um Tina Lüdecke mit Proben von lebenden Tieren aus derselben Region, darunter Fleischfresser wie Hyänen, Schakale und Säbelzahnkatze und Pflanzenfressern, darunter Affen und Antilopen, verglichen.
„Zahnschmelz ist die härteste Substanz im Körper. Er konserviert oft einen isotopischen Fingerabdruck der Nahrung eines Tieres.“
Die Analysen zeigen, dass der isotopische Fingerabdruck des Zahnschmelzes der Vormenschen dem isotopischen Fingerabdruck von anderen Pflanzenfressern stark ähnelt und sich von fleischfressenden Raubtieren stark unterscheidet. Vormenschen der Gattung Australopithecus haben sich somit fast ausschließlich von Pflanzen ernährt.
Die Isotopenanalyse offenbart zudem, dass die Ernährung der Vormenschen vielseitig war. Fleisch von größeren Säugetieren, das etwa bei den deutlich später lebenden Neandertalern oft gegessen wurde, stand jedoch nicht auf dem Speiseplan. Die Wissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass Australopithecus unregelmäßig eiweißreiche Nahrung, darunter Eier und Insekten, gegessen haben.
In kommenden Studien möchten die Forscher mit weiteren Fossilien von jüngeren und älteren Menschenarten aus Fundstellen im östlichen Afrika und Südostasien untersuchen, wann Homininen zu Fleischfressern wurden.
„Unsere neue Methodik hat das Potenzial, weitere zentrale Fragen der menschlichen Evolution zu beantworten.“
Science, doi: 10.1126/science.adq7315