Walross-Elfenbein zeigt:

Wikinger sind zum Handeln bis in die Arktis gesegelt

Robert Klatt

Wikinger fahren zum Handel in die Arktis )kcotS ebodAaiziviD oidualC(Foto: © 

Elfenbein war im Mittelalter in Europa und im Nahen Osten begehrt. Wikinger haben deshalb in der Arktis Walrosse gejagt und das Elfenbein über ein komplexes, über 6.000 Kilometer langes Handelsnetzwerk transportiert.

Kopenhagen (Dänemark). Im mittelalterlichen Europa und dem Nahen Osten war Elfenbein eines der begehrtesten Produkte. Walross-Elfenbein wurde deshalb zu einer gefragten Ware, als der Handel mit Elfenbein von Elefanten durch die Kreuzzüge nahezu komplett gestoppt wurde. Forscher der University of Copenhagen (KU) haben nun eine Studie publiziert, laut der Wikinger diese Versorgungslücke geschlossen haben, indem sie über 6.000 Kilometer in die Arktis gefahren sind, um dort Walrosse zu jagen. Das Elfenbein der erlegten Tiere haben sie anschließend über ein komplexes Handelsnetzwerk bis nach Europa und wahrscheinlich sogar in den Nahen Osten gebracht.

„Unsere Studie zeigt, dass die Wikinger regelmäßig rund 6.000 Kilometer nach Pikialasorsuaq im Nordwesten Grönlands reisten, eine Region, die durch raue klimatische Bedingungen geprägt ist. Sie taten dies vermutlich nicht aus Abenteuerlust, sondern um an dieses kostbare Gut zu gelangen, das sie nach Nordeuropa und in andere Teile der Welt brachten.“

Laut der Publikation im Fachmagazin Science Advances haben die Wissenschaftler der KU für ihre Studie die DNA von Walross-Elfenbein analysiert. Die Analysen zeigen, dass Wikinger auf ihrer Suche nach Walrossen noch größere Entfernungen zurückgelegt haben, als die Archäologie bislang angenommen hat.

Ausgrabungen von Wikingerdörfern

Die analysierte DNA stammt aus fossilen Fragmenten von Walross-Schädelknochen, die bei Ausgrabungen von Wikingerdörfern in Europa und aus Siedlungen in Grönland und Kanada stammen.

„DNA-Sequenzen aus diesen Fragmenten lieferten uns eine genetische Karte der Herkunft verschiedener arktischer Walrosspopulationen zur Zeit der Wikinger. So konnten wir zeigen, in welchem Teil der Arktis die Tiere gefangen wurden.“

Zudem belegen die DNA-Analysen, dass Wikinger wahrscheinlich deutlich intensiveren Kontakte mit indigenen arktischen Bevölkerungen, darunter die Thule- und Dorset-Kulturen, hatten, als bisher angenommen wurde.

„Unsere Forschung zeigt, dass die Wikinger extrem weit gereist sind und ein gut etabliertes Netzwerk hatten, das eine größere Region umfasste als bisher angenommen. Dieses Netzwerk muss in Zeit und Raum mit den frühen grönländischen und kanadischen Kulturen überlappt haben.“

Die Studie zeigt somit, dass Wikinger auch in rauen klimatischen Bedingungen mit ihren relativ kleinen Schiffen navigieren konnten und deshalb die Fähigkeit hatten, ein globales Handelsnetzwerk zu betreiben, das über die Grenzen von Europa hinausging. Angesichts der neuen Ergebnisse erhoffen sich die Autoren, dass sie ein neues Bewusstsein für das komplexe Handelsnetzwerk der Wikinger und ihre Interaktion mit anderen Kulturen schaffen können.

„Zum ersten Mal überhaupt haben wir eine klare genetische Karte arktischer Walrosspopulationen, die uns zeigt, wohin die Nordmänner gingen, um das kostbare Gut Elfenbein zu beschaffen.“

Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.adq4127

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