Robert Klatt
Die Andromedagalaxie hat in zwei großen Akkretionsepochen Nachbargalaxien geschluckt und dabei 300 Milliarden Sonnenmassen dazugewonnen.
Canberra (Australien). Die Andromedagalaxie und die Heimatgalaxie der Erde, die Milchstraße ähneln sich in Form und Aufbau und sind mit einer Entfernung von 2,5 Millionen Lichtjahren im Verhältnis zur Größe des Weltraums praktisch Nachbarn. Auch das Gewicht, das bei Andromeda laut aktuellen Schätzungen zwischen 0,7 und 2,5 Billionen Sonnenmassen und bei der Milchstraße bei etwa 1,5 Billionen Sonnenmassen liegen soll, ist bei den beiden massereichsten Galaxien der Lokalen Gruppe ähnlich. Ältere Studien kamen beim Gewicht der Milchstraße noch zu einer deutlich geringeren Masse von 960 Milliarden Sonnenmassen.
Wissenschaftler der Australian National University (ANU) haben nun weitere Details zur Vergangenheit der Andromedagalaxie herausgefunden, in der es bereits eine Kollision mit der Milchstraße vor etwa zehn Milliarden Jahren gab. Laut des im Fachmagazin Nature publizierten Artikels haben die Astronomen dazu die Bewegungsrichtung und das Tempo von Kugelsternhaufen im Halo der Galaxie ausgewertet. Es handelt sich dabei häufig wie bei Sternenströmen um Überreste ehemaliger Nachbargalaxie, die inzwischen verschluckt wurden.
Laut Studienleiter Dougal Mackey „hat Andromeda einen viel größeren und deutlich komplexeren stellaren Halo als die Milchstraße, was darauf hindeutet, dass sie weit mehr Galaxien kannibalisiert hat, wahrscheinlich auch größere.“ Wie oft und wann dies geschehen ist, haben die australischen Forscher nun anhand der Kollisionsüberreste rekonstruiert.
Die Ergebnisse zeigen in den Außenbereichen der Galaxie zwei unterschiedliche Ansammlungen von Kugelsternhaufen, die sich zueinander in einer senkrechten Rotationsbewegung befinden. Laut den Wissenschaftler sind „diese Haufenpopulationen ein Indizien für zwei große Akkretionsepochen, die im Abstand von Milliarden von Jahren erfolgten.“
Die erste dieser Akkretionsepochen könnte vor etwa zehn Milliarden Jahren erfolgt sein. Dafür spricht, dass die Überreste der Kollision sich inzwischen stark im Weltraum verteilt haben und nicht mehr voneinander abgegrenzt werden können. Laut den Astronomen ist es daher nicht klar ersichtlich, ob die Überreste aus einer einzelnen großen Kollision stammen oder ab Andromeda mehrere kleine Galaxien geschluckt hat.
Danach folgte eine zweite Akkretionsepoche, die aufgrund der noch gut abgrenzbaren Sternenströmen und Sternengruppen laut der Auswertung der Astronomen etwa eine Milliarde Jahre zurückliegt. Insgesamt ist die Masse der Andromedagalaxie durch die beiden Akkretionsepochen um etwa 300 Milliarden Sonnenmassen angewachsen.
Außerdem zeigt die Auswertung der Daten, dass das von der Andromedagalaxie aufgenommene Material aus zwei unterschiedlichen Richtungen kam, was laut den Wissenschaftlern „ziemlich merkwürdig ist.“ Eine Erklärung dafür könnte es sein, dass Andromeda sich aus dem aus dem Netz kosmischer Filamente vergrößerte. Es handelt sich dabei um Vorläufer der heutigen Strukturen des Universums.
Nature, doi: 10.1038/s41586-019-1597-1