Robert Klatt
Es wurde erstmals beobachtet, wie zwei Sterne durch die enorme Gravitation eines supermassiven Schwarzen Lochs verschmolzen sind.
Nijmegen (Niederlande). Sterne mit einer geringen Masse, etwa unsere Sonne, sterben, indem sie ihre äußeren Schichten verlieren und zu einem weißen Zwergsternen verblassen. Massereichere Sterne leuchten vor ihrem Tod und enden dann in einer Supernova, wobei ultradichte Objekte wie Neutronensterne und Schwarze Löcher entstehen. Wenn zwei solche stellaren Überreste ein Doppelsternsystem bilden, können sie schließlich auch kollidieren.
In der Astronomie existiert zudem die These, dass Sterne sterben können, indem sie in der Nähe eines Schwarzen Lochs mit einem anderen Sterne kollidieren. Astronomen um Andrew Levan von der Radboud-Universität Nijmegen (RU) haben bei der Suche nach langen Gammastrahlenausbrüchen (GRB) laut dem NOIRLab nun erstmals eine Kollission von zwei Sternen nahe eines supermassereichen Schwarzen Lochs beobachtet.
„Diese neuen Ergebnisse zeigen, dass Sterne ihr Ende in einigen der dichtesten Regionen des Universums finden können, wo sie zu Kollisionen getrieben werden können. Dies ist spannend für das Verständnis, wie Sterne sterben, und für die Beantwortung anderer Fragen, wie zum Beispiel, welche unerwarteten Quellen Gravitationswellen erzeugen könnten, die wir auf der Erde nachweisen könnten.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature wurden die ersten Hinweise auf das Ereignis bereits am 19. Oktober 2019 beobachtet, als das Neil Gehrels Swift Observatorium der NASA einen hellen Blitz von Gammastrahlen erfasste, der etwas mehr als eine Minute andauerte. Solche Ausbrüche stammen typischerweise von der Supernova-Explosion von Sternen, die mindestens zehnmal so massiv wie unsere Sonne ist.
Die Forscher nutzten dann das Gemini-Süd-Teleskop, um Langzeitbeobachtungen des verblassenden Nachglühens des GRB durchzuführen und mehr über dessen Ursprünge zu erfahren. Die Beobachtungen ermöglichten es den Astronomen, die Lage des GRB auf eine Region weniger als 100 Lichtjahre vom Kern einer alten Galaxie zu verorten, was es in unmittelbare Nähe zum supermassiven Schwarzen Loch der Galaxie stellte. Zudem fanden die Forscher keine Anzeichen für eine entsprechende Supernova, die ihren Abdruck auf dem von Gemini-Süd untersuchten Licht hinterlassen hätte.
„Unsere Nachbeobachtungen haben uns gezeigt, dass die Explosion höchstwahrscheinlich nicht durch den Kollaps eines massereichen Sterns verursacht wurde, sondern eher durch die Verschmelzung zweier kompakter Objekte. Indem wir den Ort der Explosion genau in das Zentrum einer zuvor identifizierten alten Galaxie verorten konnten, erhielten wir die ersten verlockenden Beweise für einen neuen Weg, auf dem Sterne ihr Ende finden können.“
Die Kerne alter Galaxien können mehr als eine Million Sterne in einer nur wenige Lichtjahre breiten Region beherbergen. Solch eine extreme Populationsdichte könnte ausreichen, um gelegentliche Sternenkollisionen zu ermöglichen, insbesondere durch die hohe Gravitation eines supermassiven Schwarzen Lochs, das die Bewegungen der Sterne stören und sie in zufällige Richtungen schleudern würde. Schließlich würden diese verirrten Sterne sich kreuzen und verschmelzen, wodurch eine gewaltige Explosion ausgelöst wird, die aus enormen kosmischen Entfernungen beobachtet werden könnte.
Es ist möglich, dass solche Ereignisse regelmäßig in ähnlich dicht bevölkerten Regionen im gesamten Universum stattfinden, aber bis zu diesem Zeitpunkt unbemerkt geblieben sind. Ein möglicher Grund für ihre Unsichtbarkeit könnte sein, dass galaktische Zentren mit Staub und Gas gefüllt sind, was sowohl den initialen Blitz des GRB als auch das resultierende Nachleuchten verdecken könnte. Dieser spezielle GRB, der als GRB 191019A identifiziert wurde, könnte eine seltene Ausnahme darstellen, die es Astronomen ermöglicht, den Ausbruch zu entdecken und seine Nachwirkungen zu studieren.
Die Forscher möchten mehr von diesen Ereignissen entdecken. Ihre Hoffnung besteht darin, eine GRB-Detektion mit einer entsprechenden Gravitationswellendetektion zu verbinden, was mehr über ihr wahres Wesen enthüllen und ihren Ursprung bestätigen würde, selbst in den undurchsichtigsten Umgebungen. Das Vera C. Rubin Observatorium, das voraussichtlich 2025 in Betrieb genommen wird, wird in dieser Art von Forschung von unschätzbarem Wert sein.
„Die Untersuchung von Gammastrahlenausbrüchen wie diesen ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie das Feld durch die Zusammenarbeit vieler Einrichtungen wirklich vorangebracht wird, von der Detektion des GRB, über die Entdeckung von Nachglühen und Entfernungen mit Teleskopen wie Gemini, bis hin zur detaillierten Zerlegung von Ereignissen mit Beobachtungen über das gesamte elektromagnetische Spektrum hinweg.“
Nature, doi: 10.1038/s41550-023-01998-8