Robert Klatt
Der Gesteinsplanet BD+05 4868 verliert pro Sekunde rund zwei Millionen Tonnen verdampftes Gestein, das im Weltraum kondensiert. Er besitzt deshalb den mit Abstand längeren Kometenschweif aller zerfallenden Gesteinsplaneten.
Cambridge (U.S.A.). Gesteinsplanen, die ihren Stern besonders nah umkreisen, schleudern verdampftes Gestein in den Weltraum. Im Weltraum kondensiert das Gestein anschließend und bildet einen langen Kometenschweif. Der Planet verliert dadurch zunehmend an Material und zerfällt.
Die Astronomie untersucht diese sogenannten Schweifplaneten gerne, weil der Staubschweif Rückschlüsse auf die Zusammensetzung der Planetenkruste ermöglicht. Bisher wurden aber nur drei zerfallende Exoplaneten mit Kometenschweif entdeckt, die alle einen lichtschwachen Zwergstern umkreisen.
„Das verhinderte weitere Beobachtungen mit existierenden Teleskopen.“
Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nun den ersten zerfallenden Gesteinsplaneten entdeckt, der einen hellen Stern umkreist. Der Exoplanet umkreist den von der Erde rund 140 Lichtjahre entfernten Stern BD+05 4868 A und verursacht eine regelmäßige Abschattung.
„Wir haben gar nicht gezielt nach einem solchen Planeten gesucht. Aber dann fanden wir in den Daten des TESS-Weltraumteleskops dieses Signal, das sehr ungewöhnlich war.“
Das sogenannte Transitsignal des Exoplaneten hat laut der Publikation im Fachmagazin The Astrophysical Journal Letters jedoch eine untypische Form, bei der die Senke hinter dem Exoplaneten deutlich flacher als vor ihm ist. Typischerweise ist die Lichtkurve der Abschattung bei Exoplaneten symmetrisch.
„Eine solche Form beim Transit ist eigentlich typisch für einen Kometen mit langem Schweif.“
Der beobachtete Staubschweif, der das ungewöhnliche Transitsignal auslöst, stammt in diesem Fall jedoch nicht von einem Kometen, sondern einem zerfallenden Gesteinsplaneten im Orbit von BD+05 4868 A.
Der zerfallende Gesteinsplanet BD+05 4868 Ab hat etwa die Masse des Merkurs und umkreist seinen Stern in nur 30,5 Stunden. Dabei erreicht er eine Temperatur von rund 1.600 Grad Celsius. Die Oberfläche des Exoplaneten ist deshalb mit einem Magmaozean bedeckt, aus dem Gesteinsdampf in den Weltraum entweicht und dort einen langen Kometenschweif aus kondensiertem Gesteinsmaterial bildet.
„Ausmaß dieses Schweifs ist gigantisch: Er ist rund neun Millionen Kilometer lang und reicht halb um die besamte Bahn dieses Planeten.“
Der Kometenschweif des Exoplaneten BD+05 4868 Ab ist somit unter den vier bekannten Schweifplaneten der mit Abstand längste Kometenschweif.
Laut den Berechnungen der Astronomen verliert der Exoplanet rund zwei Millionen Tonnen Gestein pro Sekunde. Bei einem Umlauf um den Stern entspricht der Materialverlust etwa der Masse des Mount Everest. In ein bis zwei Millionen Jahren wird der Exoplanet deshalb seine komplette Masse verloren haben und vollständig zerstört sein.
„Wir hatten Glück, dass wir diesen Planeten noch gefunden haben, bevor kaum noch etwas übrig ist. Dies ist ein kleines Objekt mit entsprechend schwacher Schwerkraft, daher verliert der Planet besonders viel Masse.“
Die abnehmende Masse des Exoplaneten reduziert seine Gravitation und führt dazu, dass der Verlust des Gesteinsmaterials kontinuierlich zunimmt. Wie die Astronomen erklären, eröffnet die Entdeckung des schnell zerfallenden Gesteinsplaneten neue Forschungsmöglichkeiten.
„Dies ist eine einzigartige Gelegenheit, die Zusammensetzung eines extrasolaren Gesteinsplaneten direkt zu messen.“
Im Sommer 2025 werden die Astronomen mit dem James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) den Exoplaneten und seinen Kometenschweif genauer untersuchen. Weil der Stern ausreichend hell ist, können sie das Licht spektrografisch analysieren und die Gesteinszusammensetzung bestimmen.
„Dies könnte uns eine Menge über die Vielfalt und potenzielle Lebensfreundlichkeit von erdähnlichen Planeten jenseits unseres Sonnensystems verraten.“
The Astrophysical Journal Letters, doi: 10.3847/2041-8213/adbf21