Robert Klatt
Im Oberrheingraben zwischen Frankfurt und Basel lebten während der letzten Eiszeit Flusspferde. Inzwischen kommt die wärmeliebende Art nur noch in Afrika vor.
Mannheim (Deutschland). Im Oberrheingraben zwischen Frankfurt und Basel herrscht laut Analysen verschiedener Sedimentschichten seit Jahrtausenden ein mildes Klima. In den obersten 30 Metern findet man neben zahlreichen Ablagerungen der damaligen Landschaft auch zahlreiche Fossilien. Diese reichen bis zu 400.000 Jahre zurück, sind teilweise also auch in der letzten Eiszeit entstanden. Entdeckt wurden bei Ausgrabungen unter anderem auch Relikte von Flusspferden.
Heute leben diese wärmeliebenden Großsäuger zwar nur noch in Afrika, die Fossilien aus dem Oberrheingraben bestätigen aber, dass die Tiere einst auch im heutigen Deutschland vorkamen. Paläontologen gingen bisher jedoch davon aus, dass die letzten Flusspferde bereits mit dem Ende der letzten Warmzeit vor rund 116.000 Jahren aus dem Oberrheingraben verschwanden, als die Temperaturen deutlich zurückgingen.
Wissenschaftler von den Mannheimer Reiss-Engelhorn-Museen haben nun dank einer Förderung der Klaus Tschira Stiftung das Alter von 30 urzeitliche Flusspferd-Fossilien neubestimmt. Gefunden wurden die untersuchten Fossilien in den obersten Sedimentschichten des Oberrheingrabens. „Es ist schon erstaunlich, wie gut die Knochen erhalten sind. An vielen Skelettresten war es möglich auswertbare Proben zu entnehmen“, erklärt Ronny Friedrich vom Curt-Engelhorn-Zentrum für Archäometrie.
Anders als zuvor angenommen zeigen die Ergebnisse der Neudatierung, dass noch vor 48.000 bis 30.000 Jahren Flusspferde im Oberrhein-Gebiet lebten, also lange nach dem Ende der Warmzeit. „Das Flusspferd ist am Rhein also ein waschechter Eiszeit-Bewohner“, erklärt Rosendahl. Flusspferde lebten im heutigen Deutschland demnach in einer typischen Eiszeitfauna gemeinsam mit Mammuts, Höhlenlöwen und Wollhaarnashörnern.
„Das zeigt, dass die Flusspferde in der Lage waren, sich gut an die entsprechenden Temperaturen und Umweltverhältnisse im kaltzeitlichen Oberrheingraben anzupassen“, so Rosendahl. Die Ergebnisse revidieren aus Sicht der Forscher somit die gängigen Annahmen zur Lebenswelt der letzten Eiszeit in Südwestdeutschland.
Dass auch während der Eiszeit im Oberrheingraben Flusspferden lebten, lag laut den Forschern sehr wahrscheinlich daran, dass das dortige Klima auch während der Kaltzeit relativ mild war und es ein großes Pflanzenangebot gab. „Die Isotopenanalysen zur Ernährung ergaben, dass die tonnenschweren Flusspferde neben Gewässern dort auch ausreichend geeignete Pflanzennahrung vorgefunden haben“, erklärt Rosendahl.
Zusätzlich belegt wird dies durch Analysen fossiler Holzreste, die zeigen, dass noch bis vor rund 40.000 Jahren im Oberrheintal Eichen mit rund 80 Zentimeter dicken Stämmen vorkamen. Es handelt sich dabei ebenfalls um eine wärmeliebende Art. „In der letzten Eiszeit wuchsen in unserer Region noch stattliche Eichen – etwas, was wir bisher nicht für möglich gehalten haben“, so der Wissenschaftler. Gemeinsam zeigen die Ergebnisse also, dass der Oberrheingraben wärmeliebenden Arten auch in der Eiszeit einen Rückzugsort gab.