Robert Klatt
Eine Auswertung alter Meteoriteneinschläge zeigt, dass die Erde 2014 von einem Objekt aus einem anderen Sonnensystem getroffen wurde. Vertreter der Panspermien-Theorie gehen davon aus, dass ein interstellares Objekt für die Entstehung des Lebens auf der Erde verantwortlich ist oder sogar die ersten Lebensformen so auf die Erde gekommen sind.
Cambridge (U.S.A.). Interstellare Objekte durchfliegen regelmäßig unser Sonnensystem. Das wohl bekannteste Objekt aus einer anderen Sonnensystem ist Oumuamua, das 2017 aufgrund seiner zigarrenähnlichen Form für Aufsehen sorgte, als es Astronomen mit dem Pan-Starrs-1-Teleskop auf Hawaii entdeckt hatten. Spätere Berechnungen, die sich auf die hohe Geschwindigkeit und die Flugbahn von Oumuamua stützten, kamen zu dem Ergebnis, dass der Asteroid nicht aus unserem Sonnensystem stammen kann. Woher genau das 400 Meter lange und 40 Meter breite interstellare Objekt mit dem wissenschaftlichen Namen 1I/2017 U1 kam, ist laut den im Fachmagazin Nature veröffentlichen Artikel weiterhin ungeklärt.
Nun haben Wissenschaftler der Universität Harvard im Fachmagazin Astrophysical Journal Letters eine Studie veröffentlicht, die untersucht hat, ob bereits ein interstellares Objekt die Erde getroffen hat. Das Team rund um Abraham Loeb hat dazu aufgezeichnete Meteoriteneinschläge nach auffälligen Geschwindigkeiten und Flugbahnen untersucht. Objekte, die der Gravitation der Sonne entkommen wollen, benötigen eine Geschwindigkeit von mindestens 42 Kilometern pro Sekunden, sich interstellar bewegende Objekte sind meistens noch deutlich schneller.
In den Aufzeichnungen wurde ein Meteorit entdeckt, der im Januar 2014 in der Nähe von Papua-Neuginea in den Pazifik einschlug. Die „ungewöhnlich hohe heliozentrische Geschwindigkeit von rund 60 Kilometern pro Sekunde und seine hyperbolische Flugbahn“ sprechen laut den Wissenschaftlern dafür, dass das Objekt seinen Ursprung in einem anderen Sonnensystem hat.
Wo genau das 460 Kilogramm schwere Flugobjekt mit einem Durchmesser von etwa einem Meter seinen Ursprung hat, konnten die Forscher anhand der aufgezeichneten Daten nicht zurückverfolgen. Es handelt sich dabei jedoch, um den ersten dokumentierten Einschlag eines Objekts auf der Erde, das aus einer anderen Sonnensystem stammt. Aller Wahrscheinlichkeit nach handelt es sich dennoch um keinen Einzelfall. Schätzungen der Wissenschaftler gehen davon aus, dass etwa alle zehn Jahre die Erde von einem interstellaren Meteoriten getroffen werden. Im gesamten Zeitraum der Erdgeschichte wären dies etwa 450 Millionen Einschläge.
Die Auswirkungen dieser extrasolaren Meteorite sind umstritten. Vertreter der Panspermie-Theorie gehen davon aus, dass ein interstellarer Meteorit die ersten Lebensformen auf die Erde gebracht hat oder zumindest die Voraussetzungen für das Endstehen von Leben auf dem Planeten so geschaffen wurden. Außerdem könnten große Asteroiden aus anderen Sternensystemen eine alternative Möglichkeit der Planetenbildung darstellen. Dies widerspricht der Theorie, dass Planeten langsam aus Staub entstehen, da davon ausgegangen wird, dass stattdessen ein Asteroid aus einem anderen Sonnensystem für den Beginn der Planetenbildung verantwortlich ist.
Auch wenn beide Theorien bisher unbestätigt sind, zeigt die nun veröffentlichte Studie dennoch, dass Objekte aus anderen Sonnensystemen öfter als ursprünglich angenommen, unser System durchfliegen und sogar die Erde treffen.