Robert Klatt
Im Asteroidengürtel zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter befinden sich Millionen Himmelskörper. Nun wurden mit einer neuen Beobachtungstechnik die kleinsten Asteroiden entdeckt. Die Methode soll dabei helfen, Asteroiden mit einem Kollisionskurs auf die Erde früher zu erkennen.
Cambridge (U.S.A.). Der Asteroidengürtel, der in der Astronomie auch als Planetoidengürtel oder Hauptgürtel bezeichnet wird, liegt zwischen den Planetenbahnen von Mars und Jupiter. In ihm befinden sich Millionen Himmelskörper, darunter kleine, nur einige Meter große Trümmerstücke, kilometergroße Asteroiden und Kleinplaneten wie Ceres. Wenn diese Objekte ihre Bahn verlassen, können sie zu einer Gefahr für die Erde werden.
Im Asteroidengürtel wurden bisher etwa 750.000 Objekte identifiziert, darunter vor allem Asteroiden, die größer als ein Kilometer sind. Kleinere Objekte, deren Einschlag ebenfalls starke Schäden auf der Erde verursachen können, konnten hingegen aufgrund der großen Entfernung bisher nicht beobachtet und überwacht werden.
Forscher des Massachusetts Institute of Technology (MIT) haben nun mit einer neuen Beobachtungstechnik, die eigentlich dazu entwickelt wurde, um Störsignale aus Aufnahmen von größeren Himmelskörpern zu entfernen, 138 kleine Asteroiden im Planetoidengürtel entdeckt.
„Für die meisten Astronomen sind Asteroiden eher lästig, da sie die Daten beeinträchtigen.“
Laut der Publikation im Fachmagazin Nature kamen die Wissenschaftler bei ihrer Forschung zu Exoplaneten, deren Beobachtung durch Vordergrundobjekte wie Asteroiden, Gas und Staub erschwert, auf die Idee, diese Störsignale zu analysieren. Sie haben dazu etwa 10.000 Infrarotaufnahmen des James-Webb-Teleskops (JWST) vom rund 40 Lichtjahre entfernten Stern TRAPPIST-1 verwendet. Die Störsignale in diesen Aufnahmen sind Objekte im Asteroidengürtel.
Bei der Analyse der Störsignale haben die Forscher das bereits in den 1990er-Jahren entwickelte Shift-and-Stack-Verfahren verwendet. Dabei werden mehrere Aufnahmen desselben Himmelsausschnitts verschoben und übereinandergelegt, um Bewegungen von Objekten sichtbar zu machen. Dank neuer Algorithmen und Grafikprozessoren konnten die Forscher das Verfahren optimieren und dadurch auch kleinste Objekte im Störrauschen aufdecken.
„Wir dachten, dass wir höchstens einige wenige neue Objekte finden würden, aber wir detektierten viel mehr als erwartet.“
Insgesamt haben die Astronomen 138 zuvor nicht bekannte, kleine Asteroiden im Hauptgürtel entdeckt. Es handelt sich dabei um die kleinsten, bekannten Objekte des Asteroidengürtels mit einer Größe zwischen zehn und mehreren hundert Metern.
„Bislang konnten wir Asteroiden in der Größenordnung von zehn Metern nur erkennen, wenn sie sehr nahe an der Erde vorbeiflogen. Jetzt haben wir erstmals die Möglichkeit, solche kleinen Asteroiden auch in viel größeren Entfernungen zu detektieren.“
Die Bildanalyse offenbart, dass einige der neuentdeckten Asteroiden sich auf instabilen Bahnen befinden und aus dem Asteroidengürtel geschleudert werden könnten. Die Objekte könnten dann zu Erdbahnkreuzern und mit dem Planeten kollidieren. Laut den Astronomen kann die neue Beobachtungsmethode deshalb dabei helfen, potenziell gefährliche Asteroiden deutlich früher zu erkennen, ohne dass dafür neue Daten erforderlich sind.
„Es ist fantastisch zu sehen, wie archivierte Daten des James-Webb-Teleskops uns neue Türen zum Verständnis der kleinsten Asteroiden öffnen können, die eine entscheidende Rolle in der planetaren Verteidigung spielen.“
Nature, doi: 10.1038/s41586-024-08480-z