Robert Klatt
Höhlen auf dem Mond konnten die Basis für eine permanente Kolonie bilden. Die ESA möchte bald deren Nutzbarkeit mit Robotern untersuchen.
Paris (Frankreich). Beim Ausbruch von Vulkanen können sich Lavahöhlen bilden. Ein Beispiel dafür ist die Cueva del Viento auf der Kanarischen Insel Teneriffa, die beim Ausbruch des Pico Viejo vor etwa 27.000 Jahren entstand. Mit einer Länge von 17 Kilometern ist dieses Höhlensystem eines der größten der Erde. Inzwischen leben in den erkalteten Röhren rund 120 Tierarten. Grundsätzlich bietet die Höhle aber auch einer Gruppe von Menschen genügend Platz zum Leben.
Hinweise auf ähnliche Lavahöhlen gibt es auch auf anderen Planeten mit starkem Vulkanismus wie dem Mars sowie auf dem Mond. Die Forschung sieht in diesen natürlichen Strukturen ein großes Potenzial als Zwischenstation oder als Grundlage für eine permanente Kolonie. Neben einem Schutz vor Strahlung und kleinen Meteoriten könnten Lavahöhlen auch den Zugang zu Ressourcen und Wasser ermöglichen.
Eine kürzlich im Fachmagazin Earth-Science Reviews publizierte Studie kam sogar zu dem Ergebnis, dass die Lavahöhlen auf dem Mond deutlich größer als die auf dem Planeten Erde sein müssen. Das Team um Francesco Sauro hält deshalb auf dem Mond sogar ganze Städte in Höhlen für möglich.
Die Europäische Weltraumagentur (ESA) hat deshalb bereits im Herbst 2019 Universitäten und andere Forschungseinrichtungen zur Entwicklung eines Konzepts für die Erkundung der Höhlen auf dem Mond aufgefordert. Nun hat die ESA zwei Konzepte für eine Machbarkeitsstudie ausgewählt. Es handelt sich dabei um eine Idee von Wissenschaftlern der Universität Würzburg, die mit einem kugelförmigen Roboter den Eingangsbereich von Mondkavernen untersuchen möchten sowie ein Konzept der Universität Oviedo, das mit einem Roboterschwarm, der mit einem Kran in die Höhlen abgesenkt wird, Informationen sammeln soll.
Der sphärische Roboter mit dem Namen „Descent And Exploration in Deep Autonomy of Lava Underground Structures“ (Daedalus) verfügt über eine Stereokamera und 3D-LiDAR-Sensoren zur Erkundung von Höhlen sowie ein System zur autonomen Bewegung. Um präzise Modelle im Inneren einer Höhle anfertigen zu können, kann der Roboter geologische Materialien identifizieren und Orte mit geringer Strahlenbelastung entdecken. Kombiniert erlauben diese Daten Rückschlüsse auf die Nutzbarkeit einer Höhle als Basis für eine Kolonie.
Bei der Konzeption des „Robotic crane for wireless power and data transmission between surface and cave“ haben die Entwickler sich hingegen auf das fehlende Sonnenlicht für die Energieversorgung per Solarzellen in den Höhlen sowie die problematische Datenübertragung zur Oberfläche des Mondes konzentriert. Sie schlagen daher einen Mondrover vor, der an der Oberfläche verbleibt und von dort einen Schwarm auf kleinen Roboter mit einem Kran in die Höhle herunterlässt. Mittels der Verbindung zwischen dem Rover an der Oberfläche und den Robotern in der Höhle werden diese mit Energie versorgt und senden ihre Informationen zurück.
Im nächsten Schritt werden die beiden Konzepte in einem Labor der ESA auf ihre Machbarkeit untersucht. Anschließend werden Prototypen, der aktuell nur als Simulation existierenden Roboter, hergestellt.
Dorit Borrmann, Universität Würzburg: „Unseren Roboter in einigen Jahren auf dem Mond zu sehen, wäre natürlich unser großes Ziel. So eine Machbarkeitsstudie ist ein essentieller Schritt, um dies möglich zu machen.“
Earth-Science Reviews, doi: 10.1016/j.earscirev.2020.103288