12,6 Milliarden Jahre alt

Längster Radiojet des frühen Universums entdeckt

 Robert Klatt

12,6 Milliarden Jahre alter Radiojet aus dem frühen Universum )kcilraG .M ,ARUA/FSN/baLRION(Foto: © 

Im frühen Universum wurde ein Radiojet entdeckt, der über 300.000 Lichtjahre lang sein könnte. Der Radiojet setzt einen Rekord für die Zeit unmittelbar nach dem Urknall und zeigt, dass auch kleinere Schwarze Löcher energiereiche Radiojets ausstoßen können.

Tucson (U.S.A.). Supermassereiche Schwarze Löcher in aktiven Galaxienkernen, die in der Astronomie auch als Quasare bezeichnet werden, erzeugen paarige Ströme aus schnellen Teilchen und Strahlung. Weil diese vor allem im Radiowellenbereich sichtbar sind, nennt man die Ausströme auch Radiojets. Der bisher längste bekannte Radiojet ist rund 23 Millionen Lichtjahre lang, also etwa so lang wie 140 Milchstraßen.

Es ist bisher umstritten, seit wann es solche Radiojets im Weltraum gibt und wie Radiojets im frühen Universum ausgehen haben. Laut den bisher gesammelten Daten sind unmittelbar nach dem Urknall zahlreiche Quasare entstanden, von denen jedoch nur wenige, überwiegend kurze Radiojets besaßen. Der längste bisher entdeckte Radiojet aus dem frühen Universum ist „nur“ 120.000 Lichtjahre lang.

„Es gibt ein Defizit an längeren Radio-Ausströmen aus der Zeit vor mehr als 12,3 Milliarden Jahren.“

Energiedichte der kosmischen Hintergrundstrahlung

Die Wissenschaft ist deshalb bislang davon ausgegangen, dass die physikalischen Bedingungen im frühen Universum die Bildung längerer Radiojets verhindert haben. Ein möglicher Grund könnte die damals höhere Energiedichte der kosmischen Hintergrundstrahlung sein, die dazu geführt hat, dass die Elektronen in den Radiojets gestreut haben. Forscher des National Optical-Infrared Astronomy Research Laboratory (NOIRLab) haben nun untersucht, ob diese These stimmt.

„Wir haben nach frühen Quasaren mit starken Radiojets gesucht, um zu verstehen, wie diese ersten Jets gebildet wurden.“

Daten des LOFAR-Radioteleskopverbunds

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin The Astrophysical Journal Letters haben die Forscher für ihre Studie Daten des LOFAR-Radioteleskopverbunds analysiert, weil dieser auch niedrige Radiofrequenzen aus dem frühen Universum erfassen kann. In den Daten haben die Forscher einen 12,6 Milliarden Jahre alten Quasar mit zwei langen Radioströmen entdeckt.

„Die LOFAR-Aufnahme des Quasars J1601+3102 enthüllt eine ausgedehnte Radiostruktur, bestehend aus einem nördlichen und südlichen Ausläufer sowie einer zentralen Strahlungsquelle.“

Der neuentdeckte Radiojet ist mindestens 210.000 Lichtjahre lang, also deutlich länger als der zuvor längste bekannte Radiojet aus dem frühen Universum.

„Damit ist J1601+3102 der längste Radiojet, der jemals mit einer Rotverschiebung größer als vier beobachtet wurde.“

Die Forscher gehen davon aus, dass der Radiojet des Quasars tatsächlich noch deutlich länger ist, weil die Aufzeichnung des Radioteleskops aus einer Perspektive erfolgt ist, die den Radiojet kürzer erscheinen lässt. Realistisch ist laut ihnen eine Länge von über 300.000 Lichtjahren.

„Damit ist dieser Radiojet einzigartig, denn noch nie zuvor wurde ein Jet dieser Größenordnung in dieser frühen Ära beobachtet.“

Schwarze Loch hat 450 Millionen Sonnenmassen

Neben der Länge des Radiojets ist auch seine Quelle eine Überraschung für die Forscher. Das aktive Schwarze Loch hatte lediglich eine Masse von rund 450 Millionen Sonnenmassen. Zudem war auch die Akkretionsrate, mit der das Schwarze Loch Materie verschlingt, nicht besonders hoch.

„Damit ist das Schwarze Loch von J1601+3102 interessanterweise masseärmer als die durchschnittlichen Quasare im frühen Kosmos. Das deutet darauf hin, dass man nicht unbedingt ein außergewöhnlich massereiches Schwarzes Loch brauchte, um im frühen Universum so starke Radiojets zu erzeugen.“

Angesichts der geringen Masse und der niedrigen Akkretionsrate können die Forscher bisher nicht erklären, wieso das Schwarze Loch einen so langen Radiojet ausgestoßen hat.

„In jedem Fall demonstriert die Entdeckung von J1601+3102, dass es im frühen Universum supermassereiche Schwarze Löcher mit extrem effizienten und energiereichen Ausströmen gab.“

The Astrophysical Journal Letters, doi: 10.3847/2041-8213/ad9609

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