Robert Klatt
In Neutronensternen findet normalerweise keine Kernfusion statt. Nun wurde erstmals eine „Leiche“ entdeckt, die noch immer Lichtblitze aussendet.
Ithaca (U.S.A.). Die meisten Sterne enden in einer Supernova. Manchmal entsteht aus dem kollabierten Kerne des Sterns nach der gewaltigen Explosion ein Neutronenstern. Dieser Himmelskörper hat meistens nur einen Radius zwischen zehn und zwölf Kilometern, ist aber extrem dicht. Neutronensterne haben deshalb oft trotz ihrer Größe 1,2 bis 2,35 Sonnenmassen.
In der Astronomie sind Neutronensterne auch als „Leichen“ bekannt, weil in ihnen keine Kernfusion mehr erfolgt. Forscher der Cornell University (Cornell) um Anna Y.Q. Ho haben laut einer Publikation im Fachmagazin Nature kürzlich erstmals einen toten Neutronenstern entdeckt, von dem Lebenszeichen ausgehen.
Die sogenannten Fast blue optical transient (LFBOT), die erstmals 2018 beobachtet wurden, bilden die Basis der aktuellen Entdeckung. Es handelt sich dabei um eine Supernova-ähnliche Explosionen mit besonders hoher Leuchtkraft. Im Gegensatz zu einer Supernova, die typischerweise für mehrere Wochen leuchtet, hält das Leuchten eines LFBOT aber nur ein paar Tage an.
Der LFBOT AT2022tsd wurde im September 2022 entdeckt. Dieses kosmische Ereignis hat seinen Ursprung in einer Entfernung von etwa einer Milliarde Lichtjahren von der Erde. Eine routinemäßige Überwachung dieses Phänomens im Dezember 2022 offenbarte einen kurzen, aber sehr intensiven Lichtblitz. Dieser Lichtblitz, der lediglich einige Minuten andauerte, erreichte eine Helligkeit, die der des ursprünglichen LFBOT entsprach, obwohl diese bereits 100 Tage zurücklag.
„Wir waren sprachlos. Wir haben nie zuvor so etwas gesehen. So etwas so schnelles, so hell wie die ursprüngliche Explosion, aber Monate später. Weder bei einer Supernova noch einem LFBOT haben wir das je beobachtet. Wir haben das noch nie in der Astronomie gesehen, Punkt.“
Anschließend haben die Wissenschaftler das bisher einmalige astronomische Phänomen mit zwölf Teleskopen beobachtet. Im Laufe von 120 Tagen konnten sie insgesamt vierzehn unregelmäßige Lichtausbrüche identifizieren.
„Dies könnte nur ein Bruchteil der gesamten Lichtblitze dieses Ereignisses sein. Es ist faszinierend. Anstatt, dass die Lichtquelle konstant dunkler wird, hat sie immer wieder aufgeleuchtet. LFBOT sind ohnehin schon seltsame, exotische Ereignisse. Aber das hier, hat es nochmal seltsamer gemacht.“
Die genaue Ursache für die Aktivität dieses erloschenen Sterns bleibt bislang ungeklärt. Die Astronomen vermuten, dass die Lichtblitze möglicherweise von den Überresten des frisch kollabierten Sterns stammen könnten. Diese könnten als eine Art letzte Lebenszeichen des toten Sterns interpretiert werden. Bisher war es nur möglich, den Lebenszyklus von Sternen in den drei Phasen, Stern, Explosion und Überreste zu erforschen.
„Jetzt haben wir vielleicht die Möglichkeit, den Übergang von Sternen zu ihrem Leben nach dem Tod zu beobachten.“
Um das Phänomen weiter analysieren zu können, wollen die Astronomen weitere LFBOTs suchen. Bisher ist es aber unklar, unter welchen Umständen ein Stern in einem LFBOT statt einer Supernova endet. Mögliche Gründe können ein starkes Magnetfeld oder eine sehr hohe Rotationsgeschwindigkeit sein.
Es besteht jedoch auch die Möglichkeit, dass diese Phänomene nicht durch herkömmliche Sternenexplosionen verursacht werden, sondern durch die Verschlingung eines Sterns durch ein Schwarzes Loch. Die beobachteten Lichtblitze könnten in diesem Szenario Partikelstrahlen sein, die während oder nach der Verschmelzung des Sterns mit dem Schwarzen Loch in den Weltraum geschleudert wurden.
Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06673-6