Robert Klatt
Eine Auswertung von Gravitationsdaten des Mondes zeigt, dass im Südpol eine 2,18 Billiarden Tonnen schwere Massenanomalie vorkommt. Es handelt sich dabei sehr wahrscheinlich um einen metallischen Kern eines Asteroiden, der vor etwa vier Milliarden Jahren auf dem Mond einschlug.
Waco (U.S.A.). Wissenschaftler der Baylor Universität haben am Mond-Südpol im South Pole Aitken Becken eine Massenanomalie unter der Oberfläche des Erdtrabanten gefunden. Laut der im Fachmagazin Geophysical Research Letters veröffentlichten Studie handelt es sich dabei um ein ungewöhnlich schweres Material, das in bis zu 300 Kilometer Tiefe vorkommt. Die Forscher rund um Peter James vermuten, dass es sich dabei um Metall handeln könnte, das als Kern eines Asteroiden vor vier Milliarden Jahren auf dem Mond eingeschlagen ist.
Beim South-Pole-Aitken-Becken auf der Rückseite des Mondes handelt es sich um den größten noch vorhandenen Einschlagskrater unseres Sonnensystems. Messungen gehen von einem Durchmesser von 2.240 bis 2.500 Kilometern und einer Tiefe von 12 bis 13 Kilometern aus. Noch größere Einschlagskrater, die vermutlich auch auf der Erde in der Vergangenheit existiert haben, sind durch Tektonik, Erosion und andere Prozesse inzwischen verschwunden.
Die Studie der US-Amerikanischen Wissenschaftler basiert auf Gravitationsmessungen, der Missionen Gravity Recovery and Interior Laboratory (GRAIL) sowie weiteren Messungen von Mondsonden der NASA. In Kombination mit topographischen Daten des Lunar Reconnaissance Orbiter „konnte so eine unerwartet große Masse hunderte Kilometer unter dem South-Pole-Aitken-Becken entdeckt werden“, wie James und sein Team berichten.
Eine Analyse der Gravitation zeigt, dass die Massenanomalie mehr als 2,18 Billiarden Tonnen Material umfasst, das in bis zu 300 Kilometer Tiefe in den Mond vorgedrungen ist. Laut James entspricht die Masse der neu entdeckten Anomalie „etwa der halben Masse der Atmosphäre der Erde“. Die Ansammlung ist damit etwa fünfmal so groß wie die hawaiianische Hauptinsel.
Die wahrscheinlichste Ursache der Massenanomalie ist laut den Autoren der Studie ein Asteroid, dessen metallischer Kern noch immer im Mantel des Mondes vorhanden ist. Simulationen der Wissenschaftler zeigen, dass ein Kern aus einem Eisen-Nickel-Gemisch beim Einschlag die nötige Energie aufbringen könnte, um in den oberen Mantel des Mondes vorzudringen. Dafür spricht auch eine Entdeckung des chinesischen Mondrovers Jadehase 2, der im Südpolbecken des Mondes lunares Material aus dem Mondmantel während seiner 2018 erfolgten Mission nachgewiesen hat.
Auch die Form der Kraters deckt sich laut den Wissenschaftlern mit der Annahme eines metallischen Kerns, der laut „der Simulation aufgrund seines Gewichts den Kratergrund um etwa einen Kilometer zusätzlich in die Tiefe ziehen könnte.“ Wie James berichtet hat die „Simulation außerdem gezeigt, dass der Metallkern beim Einschlag in kleinere Teile zersprungen ist“, die nun in ihrer Gesamtheit zwar noch eine messbare Massenanomalie auslösen aber trotzdem in einem Schwebezustand im Mantel verbleiben anstatt in den Mondkern abzusinken.