Robert Klatt
Eine neue Hypothese geht von mehreren Quellen der Dunklen Energie aus. Dies würde auch erklären, wieso die Expansion des Universums nicht in allen Gebieten gleich schnell ist.
Paris (Frankreich). Die Standardmodelle der Physik gehen davon aus, dass im Universum eine Kraft existieren muss, die der Gravitation entgegenwirkt und dadurch die Ausdehnung des Kosmos ermöglicht. Wie diese Dunkle Energie wirkt und woraus sie besteht, ist der Forschung bisher vollkommen unbekannt.
Die Quintessenz-Hypothese geht davon aus, dass die Dunkle Energie ihre Kraft aus einem Skalarfeld zieht, das ähnlich wie ein Higgs-Feld eine Wechselwirkung mit der Materie eingeht. Andere Physiker sehen hingegen die Quantenfluktuationen im Vakuum als Quelle der Dunklen Energie.
Bisher konnten Wissenschaftler, trotz zahlreichen Versuche und Messungen, die unter anderem mit dem Röntgenteleskop eROSITA erfolgen, noch keine Quelle der Dunklen Energie finden. Experimente konnten aber einige Typen eines Quintessenzfelds, darunter die Symmetronen und das Chamäleonfeld, als Quelle ausschließen.
Nun haben Forscher der Sorbonne Universität (Paris) um Yashar Akrami eine weitere Hypothese zur Herkunft der Dunklen Energie postuliert, laut der nicht ein einzelnes Skalarfeld, sondern die Wechselwirkung mehrerer Quantenfelder die Ursache sein könnte.
Yashar Akrami: „Dunkle Energie mit multiplen Feldern ist unserer Ansicht nach theoretisch gut begründbar und sie sagt bestimmte beobachtbare Merkmale voraus.“
Laut des auf dem Preprint-Server arXiv vorgestellten Modells entsteht die auseinandertreibende Kraft der Dunklen Energie, weil im Kosmos mehrere Quantenfelder miteinander und parallel auch im geringen Umfang mit der Materie interagieren.
Die klassische Quintessenz-Hypothese mit einem einzelnen Skalarfeld geht davon aus, dass Ungleichheiten durch nahezu lichtschnelle Fluktuationen ausgeglichen werden. Die Dunkle Energie ist bei dieser Annahme nahezu überall homogen und gleichstark. Bei der Dunklen Energie aus multiplen Feldern wäre dies deutlich anders.
Yashar Akrami: „Die Modelle, die wir hier betrachten, beschreiben eine Form der Dunklen Energie, die Cluster bilden kann.“
Die Interaktion zwischen den Fehlern würde dazu führen, dass Fluktuation deutlich länger existieren. Es würde dadurch zu lokalen Unterschieden in der Wirkung der Dunklen Energie kommen. Das Universum hätte also Regionen mit langsamer und Regionen mit schneller Expansion.
Die Hypothese könnte somit auch erklären, wie die Astronomie bei Messungen zur Geschwindigkeit der kosmischen Ausdehnung unterschiedliche Werte erzielt. Eine andere Forschungsgruppe hat kürzlich aus diesem Grund ebenfalls die Hypothese einer geklumpten Dunklen Energie aufgestellt.
Die sogenannten Generic Objects of Dark Energy (GEODE) wären demnach laut der im The Astrophysical Journal erschienenen Publikation durch den Kollaps einiger der ersten Sterne entstanden. Das Team um Akrami vermutet hingegen, dass der gesamte Kosmos Felder Dunkler Energie enthält.
Diese Felder und die von ihnen ausgelösten Verklumpungen sind unter Normalbedingungen aber nicht nachweisbar.
Yashar Akrami: „Trotz qualitativer Unterschiede in seiner Physik imitiert unser Modell das Standardmodell so effektiv, dass es auf Hintergrund-Niveau von diesem ununterscheidbar ist.“
Kommt es zu Störungen, kann ein Verklumpen der Dunklen Energie aber dazu führen, dass die nächste Generation von Messinstrumenten und Teleskopen einen Nachweis erbringen könnte.
Yashar Akrami: „Damit liefert dieses Merkmal eine gute Möglichkeit, um diese und ähnliche Modelle der Dunklen Energie gegen das Standardmodell der kosmologischen Konstante zu testen.“
arXiv:2008.13660 [astro-ph.CO]
The Astrophysical Journal: 10.3847/1538-4357/abad2f