Robert Klatt
Laut einer Hochrechnung auf Basis von Daten des Kepler-Weltraumteleskops gibt es in der Milchstraße etwa 300 Millionen potenziell lebensfreundliche Exoplaneten.
Moffett Field (U.S.A.). Das Weltraumteleskop Kepler hat zwischen März 2009 und Oktober 2018 nach Exoplaneten gesucht. Dabei wurden mehr als 2.800 extrasolare Planeten außerhalb unseres Sonnensystems gefunden, unter anderem Kepler 452b, der laut der NASA bisher erdähnlichste bekannte Exoplanet. Obwohl die Mission inzwischen seit zwei Jahren abgeschlossen ist, gewinnt die Astronomie aus den Daten auch heute noch neue Erkenntnisse.
Nun haben Wissenschaftler der NASA im The Astronomical Journal den Preprint einer Studie veröffentlicht, laut dem auf Basis der Kepler-Daten extrapoliert wurde, dass es allein in der Milchstraße etwa 300 Millionen erdähnliche Planeten gibt.
Als die Kepler-Mission in den 1980er-Jahren konzipiert wurde, war der Wissenschaft noch kein einziger Exoplanet bekannt. In den letzten Jahren wurden hingegen regelmäßig Exoplaneten gefunden, darunter auch 24 Exoplaneten, deren Lebensbedingungen noch besser, als die der Erde seien, könnten. Vom besonders Interesse sind Gesteinsplaneten, die etwa die Größe der Erde haben und die in der habitable Zone um ihren Stern kreisen, die also nicht zu warm und nicht zu kalt für Leben sind.
Während seiner Mission sucht das Kepler Weltraumteleskop vor allen nach habitablen Exoplaneten. Dabei zeichnete das Teleskop von 2009 bis 2013 von mehr als 100.000 Sternen den Helligkeitsverlauf. Im weiteren Betrieb bis zum Missionsende im Oktober 2018 konnte Kepler trotz technischer Schwierigkeiten noch die Helligkeitsverläufe von mehr als 100.000 weiteren Sternen aufzeichnen.
Um bisher unbekannte Exoplaneten zu entdeckten, suchten Astronomen in diesen Helligkeitsverläufen nach periodischen Helligkeitsschwankungen. Die Daten belegen nicht nur die Existenz eines Exoplaneten, sondern liefern auch weitere Informationen wie die Masse, den Radius und die Entfernung zum Stern.
In der Milchstraße existieren etwa 100 Milliarden Sterne, von denen laut Schätzungen etwa vier Milliarden sonnenähnlich sind. Aus den bereits vorhandenen Daten der Kepler-Mission extrapolierten verschiedene Studien in der Vergangenheit, dass dort mehrere Milliarden Exoplaneten gibt.
Nun hat das Team um Steve Bryson vom Ames Research Center der NASA in Moffett Field anhand der bisher umfangreichsten Hochrechnung ermittelt, wie viele dieser Exoplaneten in der habitablen Zone ihres Sterns liegen und damit potenziell bewohnbar sind. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass sieben Prozent der sonnenähnlichen Sterne habitable Exoplaneten besitzen. Dies wären konservativ gerechnet etwa 280 Millionen Planeten.
Laut Bryson „hat Kepler uns bereits gezeigt, dass es Milliarden von Planeten gibt, aber jetzt wissen wir auch, dass ein beachtlicher Teil davon habitabel sein könnte.“ Es handelt sich dabei noch nicht um ein endgültiges Ergebnis, weil eine Lage in der habitablen Zone und damit die mögliche Existenz von Wasser nicht der einzige Faktor ist, der die Habitabilität bestimmt. Bryson erklärt, dass „die Ergebnisse aber trotzdem verdeutlichen, wie viel wir allein durch einen kurzen Blick aus unserem Sonnensystem entdecken konnten.“
Weitere Erkenntnisse erhoffen sich die Wissenschaftler vom Kepler-Nachfolger Tess, das sich bereits im Weltraum befindet. Zur genaueren Untersuchung einzelner Exoplaneten hat die Europäische Weltraumorganisation (Esa) Ende 2019 außerdem das Weltraumteleskop Cheops in Betrieb genommen.
The Astronomical Journal, arXiv:2010.14812