Robert Klatt
Eine neue Künstliche Intelligenz (KI) hat acht Radiosignale identifiziert, die zu keiner bekannten irdischen oder astronomischen Radioquelle passen. Es ist möglich, dass die Signale von intelligenten Außerirdischen stammen.
Toronto (Kanada). Astronomen suchen seit den 1960er-Jahren mit Radioteleskopen nach Signalen einer außerirdischen Zivilisation. Die Search for Extraterrestrial Intelligence (SETI) konnte bisher aber keine Technosignaturen von Außerirdischen finden. Als wichtigste Entdeckung der Projekte gilt bis heute das sogenannte Wow-Signal, das im Jahr 1977 empfangen wurde. Es handelt sich beim Wow-Signal um einen starken Strahlenpuls, der nicht durch astronomische oder irdische Radioquellen erklärt werden kann. Der Ursprung des Signals ist bis heute unbekannt und das Signal wurde nicht nochmal empfangen.
Laut Steve Croft von der University of California in Berkeley empfangen Radioteleskope bei der Suche nach außerirdischen Zivilisation eine Vielzahl von Signalen, die gemeinsam ein dichtes Rauschen erzeugen. Die Analyse ist dementsprechend komplex.
„Die große Mehrheit der von unseren Teleskopen detektierten Signale kommt von unserer eigenen Technologie – GPS-Satelliten, dem Mobilfunk und ähnlichem. Die Suche nach Technosignaturen von einer fremden Zivilisation ähnelt daher der Suche nach der Nadel im Heuhaufen.“
Bei ihrer Suche nach Außerirdischen nutzen Einrichtungen wie das SETI-Institut und Breakthrough Listen deshalb inzwischen spezielle Algorithmen ein, die aus den Radiosignalen mit potenziellen extraterrestrischen Ursprung alle bekannten irdischen und astronomischen Radioquellen entfernen. Diese Technik reicht aber nicht aus, um die potenziellen Technosignaturen aus dem Hintergrundrauschen herauszufiltern.
Wissenschaftler der University of Toronto haben nun ein Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die bei der Analyse der Radiosignale helfen kann. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Astronomy kann die KI Radiodaten mit zuvor nicht erreichter Präzision durchsuchen und selbst schwache Technosignaturen im Grundrauschen erkennen. Ermöglicht wird dies durch zwei lernfähige Algorithmen, die die Signale hintereinander analysieren.
Die erste KI ist ein Autoencoder, den die Wissenschaftler um Peter Ma mit typischen Merkmale von Technosignaturen trainiert haben. In der Astronomie gelten unter anderem ein stark lokalisierter Ursprung und eine sehr enge Bandbreite als typische Merkmale. Anschließend wird das Wissen der ersten KI auf einen zweiten Algorithmus übertragen. Es handelt sich dabei um einen sogenannte Random Forest Classifier, der die eigentliche Filterung erledigt und dabei potenzielle Alien-Signale in den Rohdaten von den Radioteleskopen erkennt.
Um ihr System zu testen, haben die Forscher um Ma Daten einer Himmelsdurchmusterung des Green-Banks-Radioteleskops analysiert. Zuvor wurden die Radiodaten bereits von klassischen Algorithmen analysiert, die keinerlei Technosignaturen in ihnen fanden.
„Wir haben insgesamt 150 Terabyte an Daten von 820 nahen Sternen durchsucht.“
Die neue KI-Lösung entdeckte in den Radiodaten acht Radiosignale mit den typischen Merkmalen einer Technosignatur.
„Diese acht als interessant eingestuften Signale kommen von fünf verschiedenen Sternen, die zwischen 30 und 90 Lichtjahren von uns entfernt liegen.“
Alle potenziellen Technosignaturen haben eine geringe Frequenzbreite und den für außerirdischen Ursprung typische Drift. Zudem konnten die nur wenige Minuten andauernden Radiosignale nur dann erkannt werden, wenn ein Radioteleskop ihren stellaren Ursprung exakt beobachtete. Die acht Signale stammen vom sonnenähnlichen Stern HIP 62207, von drei etwas Sterben, die kühler und rötlicher als unsere Sonne sind und von einem weißen Riesenstern.
Bisher traten die acht Radiosignale jeweils nur einmal auf. Die Forscher konnten sie deshalb nicht detailliert untersuchen und nicht zurückverfolgen. Auch eine Nachbeobachtung mit dem Green-Bank-Radioteleskop im Mai 2022 konnte keine ähnlichen Radiosignale bei den Sternen entdecken.
„Wir können daher nicht definitiv sagen, ob diese acht Signale wirklich von außerirdischen Intelligenzen stammen.“
Die Astronomen sprachen sich jedoch dafür aus, die fünf Sterne weiterhin zu beobachten und ihre Radiosignale regelmäßig auf potenzielle Technosignaturen hin zu analysieren. Sie wollen zudem mit ihrem neuen KI-System die Signale von anderen Radioteleskope analysieren, darunter etwa vom MeerKAT-Array in Südafrika.
„Wir erweitern unsere Suche damit auf rund eine Million Sterne“, sagt Ma. „Dies wird uns bei der Suche nach Antworten auf die Frage helfen, ob wir allein im Universum sind.“
Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-022-01872-z