Robert Klatt
Das Weltraumteleskop CHEOPS hat beim Stern TOI-178 fünf Exoplaneten mit einer zuvor nie beobachteten Bahnresonanz entdeckt.
Bern (Schweiz). Im Sonnensystem der Erde existiert eine Ordnung, in der innen die kleineren Gesteinsplaneten und weiter außen die größeren Eis- und Gasplaneten kreisen. Ein Teil der Himmelskörper besitzt dabei Umlaufzeiten, die ein harmonisches Verhältnis zueinander haben. Dazu gehören Neptun und Pluto sowie weitere Himmelskörper im Kuipergürtel, die eine 3-zu-2-Resonsanz besitzen. Während der Neptun drei Umläufe um die Sonne macht, vollendet der Pluto zwei.
Wissenschaftler der Universität Bern und Genf haben laut einer Meldung des European Southern Observatory (ESO) nun ein Planetensystem mit einer überraschenden Form der Ordnung entdeckt. Es war auf Basis von Beobachtungen des Weltraumteleskops TESS der NASA bereits bekannt, dass der Stern TOI-178, der in etwa 200 Lichtjahren Entfernung zur Erde im Sternbild Sculptor (Bildhauer) liegt, mindestens zwei Planeten besitzt.
Laut der nun im Fachmagazin Astronomy & Astrophysics veröffentlichten Forschungsergebnisse, zeigen neuere Beobachtungen des Weltraumteleskop Cheops der ESA, dass TOI-178 über sechs Exoplaneten verfügt.
Adrien Leleu: „Wir erkannten, dass es sich nicht um zwei Planeten handelt, die den Stern in etwa gleichem Abstand umkreisen, sondern um mehrere Planeten in einer ganz speziellen Konfiguration.“
Ungewöhnlich daran ist, dass Bahnresonanzen die Orbits von fünf dieser sechs Planeten verbinden. Es handelt sich dabei um die längste bekannte Resonanzketten. Lediglich der sternennächste Planet bewegt sich unabhängig von diesem Rhythmus. Die übrigen fünf Planeten bewegen sich in einem 18:9:6:4:3-Muster. Das bedeutet, dass während der erste Planet 18 Orbits absolviert, der zweite Planet neun Orbits durchläuft und so weiter.
Es entsteht durch die harmonische Umlaufbewegung der Planeten des Sterns TOI-178 regelmäßig eine geordnete Linie, die sich dann wieder auflöst.
Yann Alibert von der Universität Bern: „Die Bahnen in diesem System sind sehr gut geordnet, was uns sagt, dass sich dieses System seit seiner Geburt recht sanft entwickelt hat.“
Hätte eine nahe Sternenpassage oder Kollision stattgefunden, wäre die Resonanz des Systems hingegen bereits zerstört worden.
Daten der Teleskope der Europäischen Südsternwarte in Chile und des Cheops-Satelliten zeigen überdies, dass die Größe und Masse der Planeten von TOI-178 keiner Ordnung unterliegt. Die Planeten sind zwischen ein- und dreimal so groß wie die Erde, haben aber eine Masse von 1,5 bis 30 Erdmassen. Das Planetensystem umfasst damit leichte Gasplanete, Gesteinsplaneten und Supererden, die sich in einer willkürlichen Reihenfolge abwechseln.
Nathan Hara von der Universität Genf: „Im TOI-178- System scheint ein dichter, terrestrischer Planet wie die Erde direkt neben einem sehr flauschigen Planeten mit der halben Dichte von Neptun zu liegen, gefolgt von einem, der Neptun sehr ähnlich ist.“
Die chaotische Abfolge der Planeten bei paralleler Resonanz macht das System von TOI-178 einzigartig in den Beobachtungen der Astronomie.
Adrien Leleu: „Solch einen Aufbau beobachten wir zum ersten Mal in einem Planetensystem. Uns sind einige Systeme bekannt, in denen die Planeten in so einer rhythmischen Resonanz unterwegs sind, doch bei denen nimmt die Dichte der Planeten allmählich ab, je weiter sie vom Stern entfernt sind.“
Warum das Planetensystem diese Anordnung besitzt, konnte bisher nicht erklärt werden. Kollisionen und andere katastrophale Ereignisse können zwar prinzipiell zu großen Schwankungen in der Dichte führen, hätten aber auch die Resonanzkette stören müssen.
Adrien Leleu: „Dieser Kontrast zwischen der rhythmischen Harmonie der Orbitalbewegung und den ungeordneten Dichten stellt unser Verständnis von der Entstehung und Entwicklung von Planetensystemen in Frage.“
Weitere Untersuchungen sollen nun zeigen, ob das System noch weitere Planeten enthält und ob diese womöglich lebensfreundlich sind.
Adrien Leleu: „Außerdem möchten wir herausfinden, was mit dem innersten Planeten, der sich nicht in Resonanz mit den anderen befindet, geschehen ist. Wir vermuten, dass er wegen Gezeitenkräften aus dieser Resonanz herausgefallen ist.“
Astronomy & Astrophysics, doi: 10.1051/0004-6361/202039767