Sagittarius A*

Schwarzes Loch der Milchstraße war noch vor kurzem aktiv

Robert Klatt

Helle Flecken im Zentrum der Milchstraße durch Röntgenstrahlung )EPXI/OAS/CXC/ASAN(Foto: © 

Das Schwarzes Loch der Milchstraße leuchtete kürzlich plötzlich hell auf. Das Nachleuchten der letzten großen Aktivität von Sagittarius A* ist noch im Milchstraßenzentrum als polarisiertes Röntgenecho sichtbar.

Paris (Frankreich). Sagittarius A*, das Schwarzes Loch der Milchstraße, verschlingt aktuell kaum Materie. Es ist also deutlich ruhiger als aktive Galaxienkerne. Die Astronomie ging bisher davon aus, dass die letzte große Aktivität von Sagittarius A* rund 3,5 Millionen Jahre zurückliegt. Eine großen Gaswolke, die vom Schwarzen Loch verschlungen wurde, verursachte damals eine starke Explosion, die rund eine Million Jahre angedauert haben soll.

Forscher vom Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) um Frédéric Marin haben nun entdeckt, dass das Schwarze Loch vor 200 Jahren noch einmal aktiv war. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature haben sie das Umfeld von Sagittarius A* mit dem NASA-Röntgensatelliten IXPE (Imaging X-ray Polarimetry Explorer) beobachtet. Im Milchstraßenzentrum entdeckten sie unterschiedliche Molekülwolken, von denen viel gestreute Röntgenstrahlung reflektiert wird.

Ursprung der reflektierten Röntgenstrahlung

Anschließend suchten die Astronomen nach der Quelle der reflektierten Röntgenstrahlung. Sie analysierten dazu die Polarisation des Röntgenechos, die wie ein Kompass den Weg zur Strahlungsquelle zeigen. Außerdem konnten die Forscher über den Streuwinkel Informationen zum Alter und zur Entfernung der Strahlung erhalten.

„Damit eröffnet die Röntgen-Reflexion des Gases im Milchstraßenzentrum einen Weg, um die vergangene Aktivität von Sagittarius A* über hunderte bis tausende Jahre zurückzuverfolgen.“

Die Analyse offenbart, dass die von den Gaswolken reflektierte Röntgenstrahlung eine um -48 Grad gekippte Schwingungsrichtung besitzt und etwa zu einem Drittel polarisiert ist.

„Der gemessene Polarisationswinkel passt damit zu der Hypothese, dass Sagittarius A* die primäre Quelle dieser Strahlung ist.“

Strahlenausbruch am supermassereichen Schwarzen Loch

Es war zu diesem Zeitpunkt somit wahrscheinlich, dass ein Strahlenausbruch am supermassereichen Schwarzen Loch die Röntgenechos verursacht hat.

„Unsere Studie liefert damit das fehlende Puzzlestück in der Frage, woher das intensive Röntgenlicht dieser riesigen molekularen Wolken kommt. Sie sind die Reflexion eines intensiven aber kurzlebigen Flares, der von Sagittarius A* oder seinem nahen Umfeld ausging.“

Anhand der Streuung des Röntgenechos konnten die Astronomen rekonstruieren, dass der Strahlenausbruch vor etwa 200 Jahren erfolgte. Es kam also etwa um 1820 zuletzt zu einer größeren Aktivität am Schwarzen Loch der Milchstraße. Danach strahlte Sagittarius A* rund 1,5 Jahre im Röntgenbereich eine Million Mal heller als aktuell.

„Diese Energiemenge ist mit der Röntgenhelligkeit einer Seyfertgalaxie vergleichbar.“

Schwarze Löcher in Seyfertgalaxien verschlingen Materie, geben aber weniger Strahlung ab als andere Galaxienkerne (AGN) wie Quasare. Die Studie belegt aber trotzdem, dass die Milchstraße in astronomischen Maßstäben gemessen noch kürzlich eine Galaxien mit einem aktiven Kern war.

Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06064-x

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