Robert Klatt
Das erstmals auf der Venus nachgewiesene Gas Monophospan (PH3) deutet darauf hin, dass unser Nachbarplanet Leben beheimaten könnte.
Cambridge (England). Die Venus gehört mit einer Temperatur von über 450 Grad zu den lebensfeindlichsten Planeten unseres Sonnensystems. Theoretisch könnte es auf dem Himmelskörper laut einigen Studien vor 700 Millionen Jahren aber Ozeane und sogar Leben gegeben haben. Wissenschaftler der University of Wisconsin-Madison stellten 2018 überdies die Theorie auf, dass die Venuswolken noch immer Leben enthalten könnten. Bestätigt werden konnte dies durch eine Expedition der NASA bisher aber nicht.
Nun haben Wissenschaftler der Universitäten Cambridgeund Cardiff ein weiteres Indiz für Leben auf unserem Nachbarplaneten gefunden. Laut Jane Greaves handelt es sich dabei um das Giftgas Monophospan (PH3), das erstmals in den Venuswolken nachgewiesen wurde. Auf der Erde wird das auch Phosphin genannte Gas in der chemischen Industrie und als Gift zur Schädlingsbekämpfung verwendet. Anaerobe Bakterien erzeugen das Gas in geringen Mengen aber auch auf natürliche Weise, was dazu führt, dass die Erdatmosphäre wenige Molekülen pro einer Billion Luftmoleküle (parts per trillion, ppt) Monophospan (PH3) enthält. Laut Greaves „ist das Phosphin eng mit anthropogener Aktivität sowie der Präsenz von mikrobiellem Leben verknüpft.“
Nachgewiesen haben die Wissenschaftler das Gas anhand von Spektraldaten, die sie 2017 mit dem James-Clerk-Maxwell-Radioteleskop und 2019 mit dem Atacama Large Millimeter/submillimeter Array (ALMA) aufgezeichnet haben. Greaves erklärt, dass die Wissenschaftler dabei „keine andere chemische Verbindung außer Phosphin finden konnten, die die von uns beobachteten Merkmale erklären könnte.“ Die Wolken der Venus enthalten also geringe Mengen Monophospan (PH3).
Die gemessene Konzentration von 20 Molekülen pro einer Milliarde Gasteilchen (parts per billion, ppb) ist zwar extrem gering, laut Greaves „ist aber selbst die Präsenz dieser geringen Anteile Phosphin völlig unerwartet für eine oxidierte Atmosphäre wie die der Venus.“ Ausgehend von Bedingungen dürfte Phosphor auf der Venus eigentlich nur in seiner oxidierten Form existieren.
Laut der im Fachmagazin Nature Astronomy veröffentlichten Forschungsarbeit muss es auf der Venus eine aktive Quelle für Monophospan geben, weil die Gashülle in einem fortlaufenden Prozess chemisch abgebaut wird und das Gas deshalb maximal für 1.000 Jahren vorhalten kann. Laut Greaves „muss es daher eine Quelle in der Atmosphäre, auf der Oberfläche oder darunter geben muss, die für Phosphornachschub sorgt.“ Eine chemische Reaktion, die genügend Monophosphan für die gemessene Konzentration erzeugt, schließen die Wissenschaftler allerdings aus.
Die Forscher konstatieren daher, dass „wenn kein bekannter Prozess das Phosphin in der Atmosphäre der Venus erklären kann, dann muss es von einem zuvor auf der Venus nicht als plausibel angenommenen Vorgang produziert werden.“ Es könnte sich dabei „um eine unbekannte Photochemie oder Geochemie aber auch um Leben handeln.“
Nature Astronomy, doi: 10.1038/s41550-020-1174-4