Robert Klatt
Ein ultraleuchtstarker Pulsar in der Milchstraße besitzt das stärkste Magnetfeld des Kosmos. Gemessen wurde die Magnetintensität über die Modulationen der Röntgenstrahlung.
Peking (China). Bestimmte Neutronensterne, sogenannte Magnetare und beschleunigte Teilchenströme um Schwarze Löcher können Magnetfelder mit Millionen Tesla erzeugen, die deutlich stärker sind als der Geodynamo der Erde. Wissenschaftler der Chinese Academy of Sciences (CAS) haben unter den Magnetfeldgeneratoren im Weltraum nun einen neuen Rekordhalter entdeckt.
Laut ihrer Publikation in den Astrophysical Journal Letters existiert das stärkste Magnetfeld im Doppelsternsystem Swift J0243.6+6124, in dem es im Jahr 2017 zu einem Strahlenausbruch mit extremer Helligkeit und Energie kam. Die Astronomen gehen deshalb davon aus, dass es sich bei dem Neutronenstern, der von seinem Partnerstern große Mengen an Material abzieht, um einen ultraleuchtstarken Pulsar handelt.
Die Astronomie geht schon länger davon aus, dass ultraleuchtstarke Neutronensterne über besonders starke Magnetfeld verfügen müssen. „Man hat bereits versucht, das Magnetfeld von Swift J0243.6+6124 mit verschiedenen Methoden zu ermitteln. Dies ergab jedoch widersprüchliche Ergebnisse“, erklärt Ling-Da Kong. Die Forscher haben deshalb den Pulsar mit dem Röntgenteleskop Insight-HXMT im Jahr 2022 erneut untersucht.
Dabei bemerkten sie eine auffällige Absorptionslinie im Röntgenspektrum der Pulsarstrahlung, die im Energiebereich von 146 Kiloelektronenvolt liegt und die Anzeichen einer Cyclotron-Resonanzstreuung aufweist. Die Absorptionslinien entstehen, weil starke Magnetfelder von Himmelskörper Elektronen extrem streuen und beschleunigen.
Anhand der Energie beim Auftritt der Absorptionslinie lässt sich die Magnetfeldstärke berechnen, bei im Fall von Swift J0243.6+6124 enorm war. „Die Energie seiner Cyclotron-Resonanzstreuung ist die höchste jemals bei einem Neutronenstern gemessene“, so die Wissenschaftler. Alle zuvor entdeckten Rekordhalter werden um ein Vielfaches übertroffen.
Laut den Beobachtungsdaten muss das Magnetfeld eine Feldstärke von 1,6 Milliarden Tesla besitzen. „Das ist das stärkste Oberflächen-Magnetfeld, das je über Cyclotron-Resonanzstreuung direkt gemessen wurde“, erklären die Astronomen. Der ultraleuchtstarke Pulsar besitzt damit das stärkste bekannte Magnetfeld im Weltraum.
Detaillierte Untersuchungen der Röntgenstrahlung des Doppelsternsystems zeigen überdies, dass der Pulsar ein komplexes Magnetfeld mit mehreren Polen besitzt. Es ist demnach denkbar, dass auch andere Neutronensterne in Röntgendoppelsternen multipolige Magnetfelder besitzen.
Sollte Messungen diese These bestätigen, würde dies widersprüchliche Daten zu den Magnetfeldern anderer Neutronensterne erklären. Bisher hat die Astronomie hauptsächlich Messmethoden verwendet, die lediglich die Dipolkomponente des Magnetfelds erkennen. Die komplette Stärke des Magnetfelds kann bei mehr als zwei Polen also nicht erfasst werden.
Astrophysical Journal Letters, doi: 10.3847/2041-8213/ac7711