Robert Klatt
Der kürzlich entdeckte Exoplanet TOI-1452b ist der bisher beste Kandidat für einen Wasserplaneten in einer habitablen Zone. Die Ozeane des Planeten sind laut Berechnungen deutlich tiefer als auf der Erde.
Montréal (Kanada). Ein Großteil der bekannten Exoplaneten sind Gasriesen oder erdähnliche Gesteinsplaneten. In der Astronomie gibt es jedoch die Annahme, dass Exoplaneten mit gigantischen Meeren häufiger im Universum existieren, als Gesteinsplaneten. Bekannt ist etwa der Exoplanet K2-18b, eine potenziell lebensfreundliche Supererde, die einen Ozean besitzen könnte.
Wissenschaftler der Universität Montreal haben laut einer Veröffentlichung im The Astronomical Journal nun einen weiteren Wasserplaneten entdeckt. Gefunden wurde der Exoplanet, weil das NASA-Weltraumteleskop TESS bei einem Doppelsternsystem im Sternbild Drache in etwa 100 Lichtjahren Entfernung zur Erde auffällige Helligkeitsschwankungen dokumentierte. Das Licht der Zwergsterne TOI-1452 und TIC 420112589 wurde alle 11,1 Tage für einen kurzen Zeitraum merklich schwächer, was auf einen Transit, also das Vorbeiziehen eines Planeten vor seinem Stern, hindeutet.
Um diese Annahmen zu verifizieren, beobachteten die Astronomen um Charles Cadieux das Doppelsternsystem mit dem hochauflösenden SPIRou-Spektrometer des Canada-France-Hawaii Telescope (CFHT) auf dem Mauna Kea sowie dem Teleskop des Observatoriums Mont Megantic in Quebec (OMM). Dabei entdeckten die Forscher laut Cadieux, dass TOI-1452, der größere Stern des Doppelsternsystems, von einem Planeten umkreist wird.
„Das OMM spielte eine entscheidende Rolle dabei, die Natur dieses Signals zu bestätigen“
Laut den Spektraldaten handelt es sich beim Exoplaneten TOI-1452b um eine Supererde, die etwa 1,6-mal so groß ist wie die Erde und 4,8-mal so massereich. Die Dichte des Planeten liegt somit bei 5,6 Gramm pro Kubikzentimeter, was laut den Forschern ungewöhnlich niedrig ist. Zuvor entdeckte Supererden mit einem Eisenkern und einer dicken Hülle aus Gestein besitzen deutlich höhere Dichten. Als Grund für die geringe Dichte gibt es laut Cadieux drei Möglichkeiten:
Weil der Mutterstern des Exoplaneten Eisen enthält, ist es laut den Astronomen eher unwahrscheinlich, dass ein Fehlen des Eisenkerns verantwortlich für die geringe Dichte ist. Zudem widerspricht der geringe Eisenanteil den gängigen Planetenbildungsmodellen.
„Einen im Vergleich zu seinem Stern so eisenarmen Planeten zu bilden, ist schwierig.“
Es ist somit davon auszugehen, dass der Exoplanet TOI-1452b eine geringe Dichte hat, weil er überdurchschnittlich viel Wasser oder Wasserstoff besitzt. Demnach ist TOI-1452b entweder ein Wasserplanet oder ein erdähnlicher Gesteinsplanet mit einer dünnen Atmosphäre. Am wahrscheinlichsten ist laut den Autoren aufgrund der Temperatur von 50 Grad Celsius eine Wasserwelt.
„TOI-1452b ist einer der besten Kandidaten für einen Wasserplaneten, den wir bisher kennen.“
Berechnungen der Forscher zeigen, dass der Wasseranteil von TOI-1452b bei etwa 30 Prozent liegt, also ausreichend für einen globusumspannenden Ozean ist. Der Wasseranteil der Erde liegt bei nur einem Prozent, obwohl drei Viertel der Oberfläche von Meeren bedeckt ist. Die Ozeane des Exoplaneten müssen angesichts des höheren Wasseranteils also deutlich tiefer sein als die Ozeane der Erde.
Sollten sich die Annahmen und Berechnungen der Astronomen bestätigen, könnte die Supererde habitable Bedingungen besitzen und damit die Entstehung von Leben ermöglichen. Das James-Webb-Teleskop (JWST) soll mit seinem hochauflösenden Infrarotspektrometer nun untersuchen, ob es sich TOI-1452b tatsächlich um einen Wasserplaneten handelt.
„Unsere Beobachtungen mit dem Webb-Teleskop werden essenziell sein, um TOI-1452b besser zu verstehen.“
The Astronomical Journal, doi: 10.3847/1538-3881/ac7cea