Robert Klatt
Die hawaiianische Knochensammler-Raupe stiehlt Insekten aus Spinnennestern und tarnt sich dabei mit einem Schutzschild aus Ameisenköpfen und anderen Insektenresten.
Honolulu (U.S.A.). Die meisten Schmetterlingsraupen ernähren sich ausschließlich von Pflanzen. Im US-Bundesstaat Hawaii auf der Insel O'ahu wurde 2008 die sogenannte Knochensammler-Raupe entdeckt, die bisher nur in einem rund sechs Quadratkilometer großen Gebiet nachgewiesen wurde. Forscher der University of Hawaiʻi haben die Insekten nun erstmals wissenschaftlich beschrieben. Laut der Publikation im Fachmagazin Science frisst die Raupe andere Insekten und nutzt ihre leeren Körperhüllen als Rüstung.
Der natürliche Lebensraum der Raupe sind vor allem Felsspalten, in denen es Spinnennester gibt. Die Raupe bewegt sich durch diese Nester und frisst die dort hängenden toten oder sterbenden Beutetiere. Die Forscher gehen deshalb davon aus, dass die Raupe den ungewöhnlichen Schutzschild besitzt, damit sie nicht selbst von Spinnen gefressen wird.
Das Schutzbild der Knochensammler-Raupe besteht aus einem Kokon aus Seide, der mit Ameisenköpfen, Fliegenbeinen, aber auch Spinnenteilen, die während der Häutung abgestoßen wurden, besetzt ist.
Laut den Forschern ist der Lebensstil der Knochensammler-Raupe außergewöhnlich. Die Raupenart isst alle verfügbaren Insekten, darunter auch ihre Artgenossen. Nahezu alle anderen Schmetterlinge und Motten ernähren sich hingegen komplett vegan. Auffällig ist zudem, dass die Motten ihre Eier, aus denen die räuberischen Larven entstehen, in unmittelbarer Nähe zu den Spinnennetzen ablegen, obwohl die Motten zu den Beutetieren der Spinnen gehören.
Genetische Analysen zeigen, dass die Linie der Knochensammler-Raupe trotz des ungewöhnlichen und gefährlich erscheinenden Lebensstils bereits seit mindestens fünf Millionen Jahren besteht.
Science, doi: 10.1126/science.ads4243