Robert Klatt
Matabele Ameisen werden bei Überfällen auf Termiten oft verletzt. Die verwundeten Tiere werden von ihren Artgenossen gerettet und mit einem Antibiotikum behandelt. Dadurch sinkt die Sterblichkeitsrate signifikant.
Lausanne (Schweiz). Ameisen leben in großen Kolonien mit Zehntausenden Tieren. Um Infektionen innerhalb der Kolonie einzudämmen, können Grauschwarzen Sklavenameisen (Formica fusca) laut einer Studie der Universität Graz, die im Fachmagazin Biology Letters publiziert wurde, mit einer Spezialdiät bestimmte Pilzinfektionen heilen. Forscher der Université de Lausanne (UNIL) um Laurent Keller haben nun entdeckt, dass Matabele Ameisen (Megaponera analis) verwundeten Artgenossen erkennen können und ihre Wunden mit Antibiotika behandeln.
Matabele Ameisen überfallen regelmäßig Termiten. Beobachtungen zeigen, dass bis zu 22 Prozent der Ameisen dabei ein oder mehrere Beine verlieren. Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Communications werden die verwundeten Ameisen gerettet und von ihren Artgenossen in die Kolonie zurückgebracht. Dort werden die Tiere gepflegt.
Laut der Studie sinkt die Sterblichkeitsrate der verwundeten Tiere durch die Behandlung um über 90 Prozent. Dazu verwenden die Ameisen eine „Medikament“ aus mehr als 100 unterschiedlichen Proteinen, das sie aus der Metapleuraldrüse absondern. Zum Verteilen des Antibiotikums nutzen die Matabele Ameisen Palpen, die zwischen ihren Kieferzangen liegen. Es kann so verhindert werden, dass sich in den Wunden der verletzten Tiere Bakterien ansiedeln.
Die neuen Erkenntnisse können laut den Wissenschaftlern auch in der Humanmedizin helfen, etwa bei der Entwicklung Antibiotika gegen multiresistente Keime,
„Die Bakterien, die sich in den verletzten Ameisen vermehren, sind Pseudomonas, Krankheitserreger, die in Spitälern oft die Lungen geschwächter Patienten besiedeln. Da Resistenzen gegen herkömmliche Antibiotika immer häufiger auftreten, könnte die Entdeckung von Substanzen, die gegen diese Pathogene wirksam sind, somit neue therapeutische Möglichkeiten eröffnen.“
Die Studie zeigt überdies, dass die verwundeten Tiere die Kohlenwasserstoffe in ihrer Schutzhülle ändern. Dadurch entstehen Duftstoffe, die Artgenossen signalisieren, dass sie verletzt sind und Hilfe benötigen, um zurück in die Kolonie zu kommen.
Biology Letters, doi: 10.1098/rsbl.2023.0415
Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-023-43885-w