Robert Klatt
Gliederfüßer produzieren giftige Abwehrstoffe mit einzigartigen chemischen Strukturen. Diese sollen neue Ideen für Antibiotika liefern.
Graz (Österreich). In ihrem natürlichen Lebensraum können sich Arthropoden (Gliederfüßer) wie Tausendfüßer, Spinnentiere und andere Verwandte gut gegen Angreifer verteidigen. Die hohe Widerstandsfähigkeit ist verschiedenen Faktoren zu verdanken und sorgte dafür, dass Tiers sich evolutionär durchsetzen konnten. Wie Günther Raspotnig vom Institut für Biologie der Uni Graz erklärt, gehören zu den über Jahrmillionen in wechselseitiger Anpassung entstandenen anatomischen Merkmalen unter anderem Panzer und giftigen Abwehrstoffe.
Diese bestehen aus Kohlenwasserstoffen, Terpenen, Aromaten und Alkaloiden, deren Mischverhältnis sich je nach Art unterscheidet. Wissenschaftler der Gruppe Chemische Ökologie an der Universität Graz analysieren die artspezifischen Kombinationen und ihre chemischen Interaktionen bereits seit mehr als 20 Jahren.
„Wir untersuchen uralte Tiergruppen, die zu den ersten gehörten, die vor Millionen Jahren den Landgang unternommen haben“, erklärt Raspotnig. Die Abwehrsekrete der bodenbewohnenden Gliederfüßer bezeichnet der Wissenschaftler als „evolutionäre Erfolgsgeschichte“. Finanziert wird die Forschung unter anderem durch den österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), der 800.000 Euro für zwei Projekte bereitgestellt hat.
Im Projekt „Niedermolekulare Naturstoffe aus Arthropoden“ werden die chemischen Substanzen der Gliederfüßer genau untersucht. „Wir haben Stoffe gefunden, die komplett von gängigen Strukturen abweichen und ganz neue chemische Strukturen sein dürften“, erklärt der Biologe.
In den kommenden vier Jahren will das Team um Raspotnig die Abwehrstoffe mithilfe der Massenspektrometrie und Gaschromatografie weiter analysieren. Im Labor soll anschließend ihre antibakterielle Wirkung untersucht werden. Dies könnte Ideen für neue Antibiotika liefern.
„Wir können zum Beispiel überprüfen, wie die Flüssigkeiten den Zellstoffwechsel oder Entzündungsfaktoren beeinflussen. Möglicherweise legen wir gerade den Grundstein für eine neue Klasse von Antibiotika“, erklärt das Team.