Dennis L.
Britische Forscher haben ein bisher unbekanntes Naturphänomen entdeckt: Im Schwarm können Honigbienen eine elektrische Ladung erzeugen, die bis zu 1.000 Volt pro Meter beträgt. Diese Feldstärke übertrifft sogar die von Gewitterwolken und elektrisch geladenen Staubstürmen. Die Erkenntnisse könnten dazu beitragen, die Kommunikation und das Verhalten von Bienen besser zu verstehen.
Bristol (Großbritannien). Laut einem Bericht im wissenschaftlichen Journal iScience von Cell haben Ellard Hunting und sein Team von der University of Bristol eigentlich meteorologische Messungen an einem Feldrand durchgeführt. Doch eines Tages zeigten die Messwerte des elektrischen Feldes plötzlich einen massiven Anstieg der atmosphärischen elektrischen Ladung, obwohl kein Unwetter in Sicht war. Die Entdeckung war zufällig, aber sie könnte wichtige Erkenntnisse über die elektrische Aktivität von Bienen und anderen Insekten liefern.
Während die Forscher versuchten, das ungewöhnliche Phänomen zu erklären, stellten sie fest, dass der Anstieg der Messwerte mit der Schwarmzeit benachbarter Stämme von westlichen Honigbienen (Apis mellifera) zusammenfiel. Dies deutet darauf hin, dass die elektrische Ladung mit dem Verhalten von Bienen in Verbindung stehen könnte und könnte zur Erforschung der Bienenkommunikation beitragen.
Um ihre Vermutung zu überprüfen, installierten die Forscher um Ellard Hunting weitere Messstationen in unmittelbarer Nähe von Bienenvölkern, ausgestattet mit zusätzlichen Kameras. Dabei gelang es ihnen, die Messungen beim Vorbeiflug von schwärmenden Bienen zu replizieren, die elektrische Feldstärken von 100 bis 1.000 Volt pro Meter erzeugten. In einem Fall umschwärmten die Bienen drei Messstationen für rund drei Minuten und erzeugten dabei beeindruckende Effekte. Die Entdeckung ist bemerkenswert, da zuvor noch nie eine derartige Spannung bei schwärmenden Bienen dokumentiert worden war.
Eine Analyse der Abstände zwischen den Bienen innerhalb der Schwärme in Kombination mit den Messwerten ergab, dass die Stärke des elektrischen Feldes von der Dichte des Schwarms abhängt. Die elektrischen Felder waren stärker in dichteren Schwärmen und schwächer in weniger dichten Schwärmen. Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass die elektrischen Ladungen von Bienen dazu beitragen können, den Zusammenhalt von Bienenschwärmen zu fördern.
Die Messdaten zeigten, dass einige Bienenschwärme Spannungen erzeugten, die diejenigen meteorologischer Ereignisse wie die Feldstärke innerhalb von Gewitterwolken oder geladenen Staubstürmen um das Sechs- bis Achtfache übertrafen. Diese Entdeckung ist bemerkenswert, da es sich hierbei um ein völlig bisher unbekanntes Phänomen handelt. Die Ergebnisse der Studie könnten dazu beitragen, das Verhalten von Bienenschwärmen und ihre Kommunikation besser zu verstehen.
Obwohl einige Forschungsansätze darauf hindeuten, dass die elektrische Ladung von Bienen zufällig durch die Reibung zwischen Bienenflügeln und Luft entsteht, ist unklar, ob sie für die Bienen auch einen konkreten Nutzen hat, beispielsweise bei der Nahrungssuche. Zudem ist noch unklar, ob auch Schwärme anderer Tierarten oder sogar Ansammlungen von Mikroben ähnliche elektrische Felder erzeugen können. Weitere Forschung ist erforderlich, um diese Fragen zu beantworten.
iScience; doi: 10.1016/j.isci.2022.105241