Robert Klatt
Beobachtungen im Roten Meer zeigen, dass Indopazifische Große Tümmler bestimmte Korallen und Schwämmen als Medikamente zur Behandlung von Hautproblemen nutzen.
Giessen (Deutschland). Ein Team der Justus Liebig University Giessen (JLU) um Prof. Dr. Gertrud Morlock beobachtete bei einer Expedition im Roten Meer vor der Küste Ägyptens, dass Indopazifische Große Tümmler (Tursiops aduncus) bestimmten Korallen und Schwämmen zur Behandlung von Hautproblemen nutzen.
Erstmals beobachtet wurde das auffällige Verhalten Angela Ziltener von der Universität Zürich bei Tauchgängen im nördlichen Roten Meer bereits vor 13 Jahren. „Es brauchte Zeit, um so mit den Delfinen tauchen zu können, dass mehrere spannende Beobachtungen möglich waren“, berichtet die Forscherin. Die beobachteten Delfine reiben sich demnach an den Korallen und Schwämmen.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin iScience analysierten die Forscher deshalb Proben der Gorgonienkoralle (Rumphella aggregata), der Lederkoralle (Sarcophyton sp.) und eines Schwamms (Ircinia sp.) Sie konnten dabei feststellen, dass die von den Delfinen verwendeten Korallen und Schwämmen unterschiedliche biologisch aktive Substanzen mit antimikrobiellen, antioxidativen, hormonellen und toxischen Eigenschaften beinhalten.
Das wiederholte Reiben führt dazu, dass winzige Polypen einen Schleim freisetzen, den die Tiere als Medikament nutzen. „Das Ergebnis hat uns überrascht und wir haben die Hypothese gewagt, dass die Delfine die Korallen und Schwämme nutzen, um die Haut prophylaktisch oder bei vorhandenen Irritationen mit den darin befindlichen günstigen Substanzen zu versorgen“, erklärt Morlock.
Einen Beweis dafür, dass die Substanzen tatsächlich zur Heilung von Gesundheitsproblemen verwendet werden, kann die Studie jedoch nicht belegen. Laut Morlock liegt der Schluss aber nahe, dass „das Reiben an den marinen Organismen, die reich an Wirkstoffen sind und von den Delfinen speziell ausgesucht wurden, etwas bewirken kann, da sie direkten Kontakt zur Delfinhaut haben“.
Weil die Wissenschaft viele Zusammenhänge noch nicht kennt, sind laut Morlock weitere Studie nötig, „um das Zusammenspiel unterschiedlicher Arten zu zeigen und zu verstehen“.
iScience, doi: 10.1016/j.isci.2022.104271