Robert Klatt
Die Edle Kugelspinne jagt in Großbritannien deutlich größere Wirbeltiere. Die invasive Spinnenart von den Kanaren ist deshalb eine Bedrohung für das heimische Ökosystem.
Galway (Irland). Die meisten Spinnenarten ernähren sich von anderen Arthropoden und Insekten. Einige Spinnen sind aber auch solch effiziente Jäger, dass sie Wirbeltiere angreifen, die deutlich größer sind als sie selbst. Zu ihren Opfern, die sie töten und aussagen, gehören etwa kleinere Säugetiere, Schlangen, Frösche und Fische. Bisher kennt die Biologie 27 Spinnenfamilien, die Wirbeltiere jagen.
Eine Untersuchung der National University of Ireland in Galway zeigt nun, dass solche Spinnen nicht nur in exotischen Regionen der Erde, sondern auch mitten in Europa leben. Wie das Team um John Dunbar im Fachmagazin Ecosphere berichtet, haben sie in Großbritannien und Irland drei Fälle beobachtet, in denen eine Edle Kugelspinne (Steatoda nobilis), auch bekannt als Falsche Schwarze Witwe, Fledermäuse jagte. Die Spinnenart kommt ursprünglich von den Kanaren, hat sich inzwischen aber über die gesamte Erde ausgebreitet.
Der Co-Autor Ben Waddams beobachtete den ersten Fall bereits im Juni 2021 auf dem Dachboden seines Hauses in Shrophire. Dort lebte seit Längerem eine Gruppe von Zwergfledermäusen (Pipistrellus pipistrellus). Als der Biologe seinen Dachboden betrat, fand es jedoch ein totes Jungtier vor, das sich vollständig in einem Netz der Edlen Kugelspinne befand. „Das Tier muss über Nacht gefangen worden sein“, erklärt Waddams.
Zu diesem Zeitpunkt war es jedoch noch unklar, ob die Spinne die Fledermaus auch selbst getötet hat. „Anzeichen für eine Manipulation und eine verfärbte Stelle am Hinterleib der Fledermaus sprechen dafür, dass die Spinne ihr Opfer gelähmt hat und es dann während der Nacht allmählich aussaugte“, so die Autoren.
Bereits am nächsten Tag beobachtete Waddams auf seinem Dachboden einen weiteren Fall, bei dem sich eine ausgewachsene Fledermaus im Spinnennetz befand. „Das Tier war noch am Leben und konnte befreit werden“, so der Biologie. Beide Beobachtungen sind laut ihm jedoch deutliche Hinweise darauf, dass zumindest das Jungtier gezielt von der Spinne getötet wurde.
Es handelt sich hierbei um die ersten Beobachtungen weltweit dafür, dass eine Edle Kugelspinne Fledermäuse jagt und diese frisst. Zuvor wurde in Irland jedoch schon beobachtet, dass die Spinnenart Eidechsen fängt und frisst. Es ist demnach nicht überraschend, dass auch andere größere Tiere zu ihrem Speiseplan gehören.
Möglich ist dies, weil die Spinne ein schnell wirkendes Nervengift besitzt. Dieses ähnelt dem Toxin der echten Schwarzen Witwe stark. Es ist jedoch nicht so potent, dass es bei Menschen zu schweren Erkrankungen oder zum Tod führen kann. Bei kleineren Wirbeltieren kann das Gift jedoch schnell zu einer Lähmung führen.
„In exotischeren Regionen der Welt haben Wissenschaftler schon länger beobachtet, dass Spinnen auch kleine Wirbeltiere fressen, aber wir beginnen erst zu begreifen, wie häufig dies tatsächlich vorkommt. Jetzt beobachten wir diese Fälle sogar vor unserer eigenen Haustür“, so Dunbar.
Die schon lange als invasive Art gefürchtete Kugelspinne Steatoda nobilis ist somit eine Bedrohung für das lokale Ökosystem. „Diese Studie präsentiert nun ein weiteres Beispiel für die Auswirkungen, die die Edle Kugelspinne auf heimische Spezies hat. Sie ist nicht nur konkurrenzfähiger als unsere Spinnenarten, sondern wirkt sich auch auf potenzielle Beutetiere aus“, erklärt Dunbar. „Wir haben schon eine Menge über diese Spinnenart gelernt, aber wir sind doch immer wieder überrascht, wie gut sie sich an neue Umgebungen anpasst und das Beste aus den vorhandenen Ressourcen macht“, ergänzt Michel Dugon.
Ecosphere, doi: 10.1002/ecs2.3959