Robert Klatt
In der Antarktis wurde erstmals Bernstein entdeckt. Der versteinerte Baumharz zeigt, dass das Klima in der Kreidezeit auf dem antarktischen Kontinent deutlich milder war und dass es dort sumpfige Wälder gab.
Bremerhaven (Deutschland). Bernsteine sind Zeitkapseln der Erde, die Tiere und Pflanzen, darunter eine 100 Millionen Jahre alte Wespenart (Hukawngepyris setosus) und eine 99 Millionen Jahre alte Schnecke, konversieren. Außerdem erlaubt der versteinerte Baumharz, der größtenteils aus der Kreidezeit, einer Epoche der Erdgeschichte aus dem Erdmittelalter, Rückschlüsse auf den einstiegen Baum- und Pflanzenbestand.
Forscher des Alfred-Wegener-Instituts, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (Alfred-Wegener-Institut – AWI) und der Technische Universität Bergakademie Freiberg (TUBAF) haben in einem Sedimentbohrkern vom Grund der Amundsensee in der Antarktis nun erstmals Bernsteine entdeckt. Laut der Publikation im Fachmagazin Antarctic Science stammen die kleinen gelblichen Bernsteine aus einer Bodenschicht, die aktuell 946 Meter unter der Meeresoberfläche liegt und sind etwa 90 Millionen Jahre alt.
Laut den Wissenschaftlern konnte das versteinerte Baumharz in der heute lebensfeindlichen Antarktis entstanden, weil der antarktische Kontinent in der Kreidezeit noch deutlich mildere klimatische Bedingungen hatte. Fossilien zeigen, dass in der Antarktis einst große Regelwälder existiert haben und viele unterschiedliche Tierarten dort lebten.
„Die jetzt analysierten Bernsteinfragmente erlauben einen direkten Einblick in die Umweltbedingungen der Westantarktis vor etwa 90 Millionen Jahren. Es ist total spannend, dass auf allen sieben Kontinenten im Laufe der Geschichte Klimabedingungen herrschten, die harzproduzierende Bäume haben überleben lassen.“
Die Qualität und Reinheit des antarktischen Bernsteins sind sehr hoch, was auf gute klimatischen Bedingungen für dessen Konservierung hindeutet. Die Forscher halten es deshalb für wahrscheinlich, dass es in der Antarktis einst sumpfige Wälder gab, die immer wieder überschwemmt wurden. Das Hochwasser hätte in diesem Szenario den Bernstein schnell gedeckt und vor Schäden durch Oxidation und UV-Strahlung geschützt.
„Der Bernstein hat mit festen, klaren und durchscheinenden Partikeln eine hohe Qualität, die auf eine oberflächennahe Lagerung hinweist.“
In manchen Bernsteinfragmenten haben die Forscher kleine Reste von Baumrinde sowie Hinweise darauf, dass die Bäume überdurchschnittlich viel Harz abgesondert haben, entdeckt. Diese Spuren deuten auf potenzielle Verletzungen der Baumrinde hin, die durch Waldbrände oder Parasiten entstanden sein könnten.
„Dieser pathologische Harzfluss entsteht typischerweise, um Rindenschäden durch Parasiten oder Waldbrände zu versiegeln.“
Zusammenfassend erklären die Wissenschaftler, dass die neuen Funde dabei helfen, das einstiege Ökosystem der Antarktis besser zu verstehen. Weitere Studien sollen zeitnah untersuchen, ob in den Bernsteinen noch anderen Spuren von Leben vorhanden sind.
Antarctic Science, doi: 10.1017/S0954102024000208