Sprachproduktion

Gehirne von Menschen und Wellensittichen sind ähnlicher als angenommen

 Robert Klatt

Wellensittiche besitzen ähnliche Sprachfähigkeit wie Menschen )kcotS ebodAxobkr(Foto: © 

Die Gehirnaktivität beim Sprechen ähnelt sich bei Menschen und Wellensittichen stark. Die Erkenntnisse sollen in Zukunft dabei helfen, neue Behandlungsansätze für Sprachstörungen zu finden.

New York City (U.S.A.). Die gesprochene Sprache des Menschen erfordert eine komplexe Gehirnaktivität. Unterschiedliche Vogelarten besitzen ebenfalls eine Sprache, die sich aus unterschiedlichen Lauten zusammensetzt. Es ist zudem bekannt, dass Wellensittiche und andere Papageienarten Wörter des Menschen nachahmen können.

Forscher des New York University Langone Medical Center (NYU Langone Health) haben deshalb die Gehirnaktivität von Wellensittichen während Lautäußerungen untersucht. Sie haben dabei entdeckt, dass im Gehirn unterschiedliche Zellen bei spezifischen Tonhöhen aktiv werden. Das neu entdeckte Muster der Gehirnaktivität ähnelt laut ihnen den Mustern, die beim Menschen für die gesprochene Sprache aktiv sind. Zuvor wurde diese Gehirnaktivität nur bei sprechenden Menschen, aber noch bei keiner anderen Tierart beobachtet.

Ähnlichkeit zwischen Menschen und Wellensittichen

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Nature zeigen die Studienergebnisse, dass die Gehirne von Menschen und Wellensittichen sich bei der gesprochenen Sprache deutlich ähnlicher sind als bisher angenommen wurde und dass sowohl bei Menschen als auch bei Wellensittichen eine ähnliche Verbindung zwischen einer höheren Gehirnaktivität und den erzeugten Lauten besteht. In Zukunft könnte dieses Wissen dabei helfen, neue Behandlungsansätze für Sprachstörungen zu finden.

„Ein wichtiger Weg zur Entwicklung neuer Behandlungen für Sprachstörungen besteht darin, Tiermodelle zu finden, die neue Einblicke in sprachbezogene Gehirnprozesse bieten. Die in Wellensittichen entdeckten Gehirnprozesse könnten helfen, die Mechanismen hinter Kommunikationsstörungen zu erklären, die Millionen von Menschen betreffen.“

 Zu den möglichen Sprachstörungen, die womöglich durch Erforschung von Wellensittichen besser behandelt werden können, gehören Apraxie (Probleme bei der Planung von Sprechbewegungen) und Aphasie (Schwierigkeiten bei der Sprachproduktion).

„Unsere Ergebnisse bestätigen, dass AAC-Neuronen systematisch die Tonhöhe der Stimme repräsentieren und präzise kontrollieren, wobei dieses System beispiellose Gemeinsamkeiten mit der menschlichen Gehirnaktivität zeigt. Diese Arbeit etabliert somit den Wellensittich als ein entscheidendes neues Modell zur Untersuchung der Sprachmotorik.“

Gehirne von Wellensittichen und Zebrafinken

Die Forscher haben zudem untersucht, wie sich die Sprachfähigkeiten und die Gehirne von Wellensittichen und Zebrafinken unterscheiden. Zebrafinken sind ebenfalls für ihre komplexen Töne bekannt. Beide Vogelarten können Geräusche mithilfe spezieller Gehirnregionen und spezialisierter Stimmorgane imitieren. Menschliche Wörter können jedoch nur Papageien produzieren.

In dem Experiment konnte der Zebrafink erst nach über 100.000 Versuchen einen menschlichen Gesang nachmachen. Dabei hat das Gehirn durch stetiges Ausprobieren ein festes Aktivitätsmuster erlernt. Die Wellensittiche konnten den Gesang hingegen, ähnlich wie Menschen, schnell erlernen, weil sie kreativ unterschiedliche Laute erzeugen können.

Nature, doi: 10.1038/s41586-025-08695-8

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