Robert Klatt
Eine Künstliche Intelligenz (KI) hat zehntausende Röntgenbildern und genetische Sequenzen analysiert, um erstmals zu ermitteln, welche Gene den aufrechten Gang des modernen Menschen ermöglichen.
Austin (U.S.A.). Menschenaffen (Hominidae) laufen mit Ausnahme des Menschen (Homo sapiens) überwiegend auf vier Beinen. Diese Fähigkeit geht darauf zurück, dass der Mensch der einzige große Primat mit längeren Beinen als Armen ist. Forscher der University of Texas at Austin (UT Austin) und des New York Genome Center (NYGC) haben nun untersucht, welche genetischen Veränderungen die anatomischen Unterschiede verursacht haben. Überdies haben sie laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science analysiert, wie die Skelettproportionen des modernen Mensch das Risiko vieler Krankheiten wie Arthritis des Knies und der Hüfte beeinflussen.
Die Wissenschaftler um Vagheesh Narasimhan haben dazu mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) zehntausende Röntgenbildern von Fossilien von Australopithecus bis zu Neandertalern sowie genetische Sequenzen analysiert. Sie konnten dadurch Gene die die Skelettstruktur des modernen Menschen beeinflussen und ihm dadurch den Zweibeinergang ermöglichen, identifizieren.
„Unsere Forschung zeigt eindrucksvoll die Auswirkungen von KI in der Medizin, insbesondere bei der Analyse und Quantifizierung von Bildgebungsdaten sowie bei der Integration dieser Informationen mit Gesundheitsdaten und Genetik in großem Maßstab und mit hoher Geschwindigkeit.“
Laut Tarjinder Singh verwendeten die Forscher Deep-Learning-Modelle, um 39.000 medizinischen Bildern automatisch zu quantifizieren. Dabei wurden die Abstände zwischen Schultern, Knien, Knöcheln und anderen Körperpunkten erfasst. Vergleich dieser Messungen mit den der genetischen Sequenz der Menschen offenbaren, dass 145 Punkte im Genom die Skelettproportionen steuern.
„Unsere Arbeit liefert eine Straßenkarte, die spezifische Gene mit den Skelettlängen verschiedener Körperbereiche verbindet und es Entwicklungsbiologen ermöglicht, diese auf systematische Weise zu untersuchen.“
Die Studie zeigt überdies, wie sich Skelettproportionen auf muskuloskelettale Krankheiten auswirken. Menschen, die ein höheres Verhältnis von Hüftbreite zu Körpergröße haben, erkranken demnach öfter an Osteoarthritis und Hüftschmerzen. Menschen mit einem höheren Verhältnis von Oberschenkelknochen zu Körpergröße entwickeln hingegen häufiger Arthritis in den Knien, Knieschmerzen und andere. Knieproblemen, während Menschen mit einem höheren Verhältnis von Rumpflänge zu Körpergröße laut Eucharist Kun öfter unter Rückenschmerzen leiden.
„Diese Störungen entstehen durch biomechanische Belastungen der Gelenke über ein ganzes Leben hinweg. Skelettproportionen beeinflussen alles, von unserem Gang bis zu unserer Sitzposition, und es ist logisch, dass sie Risikofaktoren für diese Störungen sind.“
Science, doi: 10.1126/science.adf8009