Präbiotische Zuckermoleküle

Genetisch veränderte Pflanzen sollen Muttermilch ersetzen

Robert Klatt

Säuglingsnahrung aus genetisch modifizierten Pflanzen )kcotS ebodAngisedargi(Foto: © 

Säuglingsnahrung enthält bisher nicht alle präbiotischen Zuckermoleküle. Forscher haben nun die Gene von Pflanzen so modifiziert, dass diese die komplexen Zucker produzieren können. In Zukunft könnten die Pflanzen natürliche Muttermilch ersetzen und Babys mit allen Nährstoffen versorgen.

Berkeley (U.S.A.). In den ersten sechs Monaten nach der Geburt erhalten etwa drei Viertel der Babys entweder ausschließlich oder als Ergänzung zum Stillen spezielle Säuglingsnahrung. Diese Lebensmittel enthalten viele essenzielle Nährstoffe, können das Baby aber nicht mit allen präbiotischen Zuckermolekülen, die die natürliche Muttermilch enthält, versorgen. Dies liegt daran, dass die meisten dieser Zucker schwer synthetisierbar sind und deshalb gar nicht oder nur in kleinen Mengen in der Säuglingsnahrung enthalten sind.

Wissenschaftler der University of California, Berkeley (UC Berkeley) um Patrick Shih haben nun deutliche Fortschritte bei der Herstellung von Säuglingsnahrung gemacht, indem sie Pflanzen genetisch so verändert haben, dass diese die präbiotischen Zuckermoleküle, die in der Medizin als humane Milch-Oligosaccharide (HMOs) bezeichnet werden, produzieren.

„Pflanzen sind diese phänomenalen Organismen, die Sonnenlicht und Kohlendioxid aus unserer Atmosphäre nutzen, um Zucker herzustellen. Und sie produzieren nicht nur einen Zucker – sie erzeugen eine ganze Vielfalt von einfachen und komplexen Zuckern. Wir dachten, da Pflanzen bereits diesen zugrundeliegenden Zuckerstoffwechsel haben, warum versuchen wir nicht, ihn umzuleiten, um humane Milch-Oligosaccharide zu erzeugen?“

Komplexe Zucker wie HMOs werden aus Monosacchariden zusammengesetzt. Diese sogenannten einfachen Zucker bilden komplexe Ketten. HMOs sind hierbei einzigartig, weil sie spezifischen Verknüpfungsregeln unterliegen.

Pflanzen bilden humane Milch-Oligosaccharide

Laut der Publikation im Fachmagazin Nature Food haben die Forscher die Gene für die Enzyme, die diese spezifischen Verbindungen herstellen, manipuliert. Die modifizierten Pflanzen haben daraufhin elf bekannte HMOs und eine Vielzahl anderer komplexer Zucker mit ähnlichen Verknüpfungsmustern produziert.

„Wir haben alle drei Hauptgruppen der humanen Milch-Oligosaccharide hergestellt. Meines Wissens hat noch niemand demonstriert, dass man alle drei dieser Gruppen gleichzeitig in einem einzigen Organismus produzieren könnte.“

Die Wissenschaftler arbeiten nun daran, eine Pflanze zu erschaffen, die alle HMOs produziert. Sollte dies gelingen, könnte man die Pflanzen zu einem Pulver verarbeiten, das in Säuglingsnahrung beigemischt wird. Die künstliche Säuglingsnahrung würde dann alle essenziellen Nährstoffe enthalten, die ein Baby bislang nur durch die natürliche Muttermilch erhält.

Nature Food, doi: 10.1038/s43016-024-00996-x

Spannend & Interessant
VGWortpixel