Robert Klatt
Weizen ist eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel des Menschen. Der Klimawandel bedroht jedoch viele Anbaugebiete. Hoffnung macht nun eine Genmutation mittels MicroRNA.
Adelaide (Australien). Weizen (Triticum aestivum) liefert etwa 20 Prozent der globalen Kalorien und Eiweiße. Das Getreide ist damit eines der wichtigsten Grundnahrungsmittel des Menschen. Mehr als die Hälfte der Anbauregionen ist durch den Klimawandel und Wasserknappheiten laut einer Studie der University of Arkansas jedoch bedroht. Um die Nahrungsmittelversorgung der Weltbevölkerung sichern zu können, arbeitet die Forschung deshalb an nahrhafteren und widerstandsfähigeren Weizensorten.
Problematisch dabei war vor allem das extrem komplexe Weizengenom, das die Suche nach Genvarianten, die das Wachstum oder die Inhaltsstoffe des Getreides positiv beeinflussen, erschwerte. Sie komplette Entschlüsselung des Weizengenoms vor wenigen Jahren eröffnete der Wissenschaft jedoch neue Optionen.
Ein Team der University of Adelaide hat nun untersucht, welche Genvarianten des Weizen paarige Ährchen entstehen lassen. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science Advances konnte das Team um Laura Dixon durch die genetische Analyse eine Mutation finden, die paarige Ährchen erzeugt. Bei diesen entstehen aus einem Rachisknoten gleich zwei Ährchen, das normale Ährchen und ein zweites Ährchen direkt darunter.
Die Mutation im Gen Homebox Domain 2 (HB2) des Weizengenoms lässt paarige Ährchen entstehen. Zudem erhöht sie laut Zuchtversuchen im Labor den Proteingehalt der Weizenkörner. Um die positiven Laborergebnisse unter realen Bedingungen zu verifizieren, pflanzten die Forscher anschließend die neue Sorte im Freiland an. Zum Vergleich wurden zudem gängige Weizensorten auf den Feldern ausgesät.
Auch dieses Experiment verlief erfolgreich. „Die ps1-Pflanzen wuchsen auf dem Feld sogar noch besser als im Gewächshaus“, berichten die Wissenschaftler. Dabei erreichte die neue Weizensorte eine ähnliche Größe wie die Vergleichspflanzen. Auch die Anzahl der Ähren und Weizenkörner war nahezu identisch. Laut einer Analyse der Körner enthielten diese aber etwa 25 Prozent mehr Protein als die Vergleichssorten. Zudem war auch der Gehalt an freien Aminosäuren signifikant höher.
„Diese Zunahme im Proteingehalt geht nicht zu Lasten des Ertrags, so dass diese Entdeckung neben dem erhöhten Nährstoffgehalt auch für Züchter und Bauern wirtschaftlich. Wir hoffen zudem, dass wir bei weiterer Zucht Varianten entwickeln, die zusätzlich auch mehr Ertrag bringen“, erklärt Scott Boden.
Die Studie zeigt laut den Autoren, dass diese Genvariante es ermöglicht, nahrhaftere und womöglich auch ertragreichere Weizensorten zu züchten. „Dies könnte dazu beitragen, Getreide mit höherem Nährstoffgehalten für Brot und Cerealien zu erzeugen, und so der Ernährungsversorgung zugutekommen“, konstatiert Boden. Laut Prognosen der Wissenschaftler könnten Weizensorten auf Basis der Genvariante schon in zwei bis drei Jahren in der Landwirtschaft genutzt werden.
Science Advances, doi: 10.1126/sciadv.abn5907