Robert Klatt
Gentechnisch veränderte Hühner legen Eier, die das Protein Ovomucoid nicht enthalten. Die Eier können somit auch von Menschen mit einer Nahrungsmittelallergie gegessen werden.
Hiroshima (Japan). Hühnerei sind eine der Hauptursachen von allergischen Reaktionen beim Menschen. Zu den Symptomen der Nahrungsmittelallergie gehören Juckreiz im Bereich der Mundschleimhaut sowie Rötungen, Quaddeln, Schwellungen auf der Haut, die innerhalb von Minuten bis zu einer Stunde nach dem Verzehr entstehen. In Ausnahmefällen kann es zudem zu einem anaphylaktischen Schock mit Kreislaufstillstand und Atemnot kommen.
Wissenschaftler der Hiroshima University um Ryo Ezaki haben nun ein Hühnerei entwickelt, das von Menschen mit einer Allergie gegen Eiweiß bedenkenlos gegessen werden kann. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Food and Chemical Toxicology entfernten sie dazu mit Gentechnologie aus dem Ei die Proteine, die die Lebensmittelallergie auslösen. Bei herkömmlichen Eiern macht das problematische Protein Ovomucoid etwa elf Prozent der im Eiklar vorkommenden Proteine aus.
„Um OVM-knockout Hühnereier als Nahrungsmittel zu verwenden, ist es wichtig, ihre Sicherheit als Lebensmittel zu bewerten. In dieser Studie untersuchten wir das Vorhandensein oder Fehlen von mutiertem Proteinexpression, die Einfügung von Vektorsequenzen und Off-Target-Effekte bei Hühnern, die mit OVM durch Platin-Transkriptionsaktivator-ähnliche Effektor-Nukleasen (TALENs) ausgeschaltet wurden.“
Um die OVM-knockout Eier herzustellen, war es notwendig für die Forscher, das Ovomucoid-Protein in den Eiklaren zu identifizieren und zu entfernen. TALENs wurden so gestaltet, dass sie ein Stück RNA namens Exon 1 anvisieren, welches für spezifische Proteine kodiert. Die auf diese Weise erzeugten Eier wurden anschließend getestet, um sicherzustellen, dass weder Ovomucoid-Protein, mutiertes Ovomucoid-Protein noch andere unerwünschte Nebeneffekte vorhanden waren.
Die Eier wiesen die angestrebte Frameshift-Mutation auf, eine durch Einfügen oder Löschen von Nukleotidbasen in einem Gen erzeugte Mutation, und keines von ihnen exprimierte reife Ovomucoid-Proteine. Mit Anti-Ovomucoid und Anti-Mutant Ovomucoid Antikörpern wurde nach Spuren des Proteins gesucht, jedoch konnte kein Ovomucoid in den Eiern nachgewiesen werden. Das bedeutet, dass mutierte Ovomucoide keine neuen Allergene erzeugen konnten. Dies ist ein bedeutsamer Fortschritt bei der Bestimmung des Sicherheitsprofils der Eier.
Die von OVM-knockout Hennen gelegten Eier zeigten laut Ezaki keine offensichtlichen Anomalien. Weder das reife OVM noch die verkürzte OVM-Variante waren im Eiweiß enthalten. Mögliche durch TALEN induzierte Off-Target-Effekte bei OVM-knockout Hühnern konnten auf die intergenen und Intron-Regionen beschränkt werden.
Die für das Genom-Editing verwendeten Plasmid-Vektoren waren nur vorübergehend vorhanden und integrierten sich nicht in das Genom der veränderten Hühner. Diese Erkenntnisse verdeutlichen die Wichtigkeit von Sicherheitsbewertungen und zeigen, dass die von diesen OVM-knockout Hühnern gelegten Eier das Allergieproblem in Nahrungsmitteln und Impfstoffen lösen könnten.
Im weiteren Verlauf planen die Forscher, das Sicherheitsprofil der OVM-knockout Eier weiterhin zu überprüfen. Aufgrund der Tatsache, dass einige Menschen sehr allergisch gegen dieses spezielle Protein sind, können selbst geringe Mengen von Ovomucoid eine Reaktion auslösen. Für eine abschließende Sicherheitsbestimmung der OVM-knockout Eier sind zusätzliche immunologische und klinische Studien notwendig. Bislang haben die Wissenschaftler festgestellt, dass OVM-knockout Eier weniger allergen als herkömmliche Eier sind und sicher in hitzebehandelten Lebensmitteln verwendet werden können, die von Patienten mit Ei-Allergien verzehrt werden können.
Ezaki erklärte, dass die nächste Forschungsphase die Bewertung der physischen Eigenschaften und Verarbeitungseignung von OVM-knockout Eiern umfasst, und ihre Wirksamkeit durch klinische Studien bestätigt werden muss. Er bekräftigte das Engagement der Forscher, weitere Untersuchungen in Richtung einer praktischen Anwendung von allergiereduzierten Eiern fortzuführen.
Food and Chemical Toxicology, doi: 10.1016/j.fct.2023.113703
