Robert Klatt
Goldalgen produzieren das Gift Prymnesin, das 2022 in der Oder zum Tod tausender Fisch geführt hat. Nun wurde entdeckt, dass die Algen das Gift aus dem Molekül PKZILLA-1, dem größten bekannten Protein, erzeugen. Die Entdeckung könnten dabei helfen, weitere Fischsterben zu verhindern.
San Diego (U.S.A.). Proteine bestehen aus kleineren Grundbestandteilen, den Aminosäuren. Die Reihenfolge und Anzahl der Aminosäuren eines Proteins wird durch die DNA vorgegeben. Einige Proteine besteht nur aus hunderten Aminosäuren, während die größten Proteine aus mehreren Tausend Aminosäuren zusammengesetzt sind. Das bislang größte bekannte Protein ist Titin. Es ist ein Bestandteil von menschlichen Muskelzellen und besteht aus rund 34.000 Aminosäuren.
Forscher des Scripps Institution of Oceanography (SIO) der University of California, San Diego (UCSD) haben nun zufällig ein deutlich größeres Protein entdeckt, das eine ungewöhnliche Funktion hat. Eigentlich wollten die Wissenschaftler untersuchen, wieso manche Algen komplexe Gifte produzieren.
Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Science haben sie deshalb Goldalgen (Prymnesium parvum) untersucht. Diese Algen sind in der Biologie vor allem deshalb bekannt, weil sie 2022 in der Oder ein großes Fischsterben verursacht haben, bei dem hunderten Tonnen Fisch starben. Aus Ursache dafür wurde das komplexe Moleküls Prymnesin identifiziert.
Als die Forscher versucht haben, das Genom der Goldalge mit traditionellen Methoden zu sequenzieren, konnten sie keine brauchbaren Ergebnisse erzielen. Sie haben deshalb eine alternative Methode verwendet, die auch mit Genen umgehen kann, die deutlich größer sind.
Bei der Sequenzierung des Genoms der Goldalge haben die Forscher zwei Gene mit einer rekordverdächtigen Größe entdeckt, aus der die Alge große Proteine produzieren kann. Das kleinere Protein PKZILLA-2 hat eine Masse von 3,2 Megadalton. Ein Dalton entspricht etwa einem Wasserstoffatom. PKZILLA-2 ist somit nur minimal leichter als Titin, das eine Masse von 3,7 Megadalton erreicht. PKZILLA-1 hat hingegen eine Masse von 4,7 und ist damit deutlich schwerer als Titin und alle anderen bekannten Proteine.
Die Forscher haben vermutet, dass beide Proteine Enzyme sind. Enzyme sind Moleküle, die bestimmte chemische Reaktionen beschleunigen. Ein Experiment mit 239 chemischen Reaktionen hat die Annahme bestätigt und zeigt, dass die beiden Proteine die Bildung des Algengifts Prymnesin ermöglichen.
Laut den Forscher könnte die Entdeckung der Gene der giftproduzierenden Enzyme dabei helfen, weitere Fischsterben zu verhindern. Goldalgen produzieren das Gift Prymnesin nämlich nicht unter allen Bedingungen. Bei einer großen Algenblüte im Frühling 2024 kam es etwa nicht dazu. Die neuen Erkenntnisse könnten dabei helfen, Prognosen darüber zu erstellen, ob eine gefährliche oder ungefährliche Algenblüte bevorsteht.
„Die Überwachung der Gene anstelle des Toxins könnte es uns ermöglichen, Blüten zu erkennen, bevor sie entstehen, anstatt sie erst dann zu identifizieren, wenn die Toxine bereits im Umlauf sind.“
Science, doi: 10.1126/science.ado3290