Robert Klatt
In der Shark Bay vor Australiens Westküste wurde überraschend eine Pflanze mit einer gigantischen Fläche entdeckt.
Crawley (Australien). Wissenschaftler der University of Western Australia haben überraschend die größte Pflanze der Erde entdeckt. Das Team um die Evolutionsbiologin Elizabeth Sinclair wollte in der Shark Bay vor Australiens Westküste eigentlich Pflanzenproben entnehmen, um zu bestimmen, welche Pflanzen sich zur Rekultivierung anderer Meeresgebiete eignen. Diese Proben untersuchten die Forscher mit genetischen Werkzeugen.
„Wir werden oft gefragt, wie viele verschiedene Pflanzen in Seegraswiesen wachsen. Diesmal haben wir genetische Werkzeuge benutzt, um das zu beantworten“, erklärt Sinclair. Laut ihrer Publikation im Fachmagazin PNAS entdeckten sie dabei, dass es sich bei der 200 Quadratkilometer großen Wieso im UNESCO Weltnaturerbe um eine einzige Pflanze der Art Posidonia australis handelt.
Wie die studentische Hilfskraft Jane Edgeloe erklärt, entnahmen die Wissenschaftler an unterschiedlichen Stellen der Bucht Pflanzenproben. Anschließend wurde von diesen Proben ein genetischer Fingerabdruck mit 18.000 Markern ermittelt. „Die Antwort hat uns einfach umgehauen“, kommentiert Edgeloe die Ergebnisse.
Alle Triebe aus der Shark Bay sind genetisch identisch. „Das war nur eine. Eine einzige Pflanze hat sich über 180 Kilometer in der Shark Bay ausgebreitet, was sie zur größten bekannten Pflanze auf der Erde macht“, erklärt die Hauptautorin der Studie.
Die Wiese muss demnach aus einem einzelnen Keimling entstanden sein. Berücksichtigt man die Wachstumsgeschwindigkeit von Posidonia australis muss das Seegras mindestens 4.500 Jahre alt sein.
Neben seiner gigantischen Größe hat das Seegras in der Shark Bay noch eine Besonderheit. Es ist polyploid, hat also mehr als zwei Chromosomensätze in ihren Zellen. Diese sogenannte Polyploidie kann entstehen, wenn sich diploide Pflanzen mit zwei Chromosomenpaaren kreuzen. Der neue Keimling kopiert dabei das gesamte Erbgut beider Elternpflanzen und nicht nur die Hälfte.
„Polyploide Pflanzen siedeln oft an Orten mit extremen Umweltbedingungen. Sie sind oft unfruchtbar, aber können immer weiterwachsen, wenn sie nicht gestört werden“, so Sinclair. Im Falle des „wirklich widerstandsfähigen“ Seegras der Shark Bay scheint dies geklappt zu haben.
PNAS, doi: 10.1098/rspb.2022.0538