Spezieller Stoffwechsel

Kolibris „trinken“ täglich Alkohol

Robert Klatt

Kolibri konsumiert Alkohol )kcotS ebodAuoL(Foto: © 

Kolibris konsumieren täglich Alkohol. Ein evolutionärer Anpassungsmechanismus sorgt jedoch dafür, dass die Vögel keine toxische Dosis aufnehmen. Zudem sorgt der schnelle Stoffwechsel dafür, dass die Tiere nicht betrunken werden.

Berkeley (U.S.A.). Der hohe Zuckergehalt des Blütennektars macht ihn zu einer beliebten Nahrungsquelle für viele Tiere. Wenn sich Bakterien und Hefen im Blütennektar ansiedeln, produzieren diese aus dem natürlichen Zucker Ethanol, etwa bei einer südostasiatischen Palmenart, deren Nektar einen Alkoholgehalt von etwa vier Prozent haben kann. Forscher der University of California in Berkeley haben nun untersucht, wie dies Kolibris beeinflusst. Die kleinen Vögel konsumieren Blütennektar von rund 80 Prozent ihres Eigengewichtes täglich.

Laut ihrer Publikation im Fachmagazin Royal Society Open Science haben die Forscher um Julia Choi untersucht, ob Kolibris Blütennektar mit oder ohne Alkohol präferieren. Die männlichen Vögel konnten während des Experiments zwischen Zuckerwasser ohne Alkohol und Zuckerwasser mit ein und zwei Prozent Alkohol wählen.

Kolibris präferieren Alkohol

In einem mehrere Tage andauernden Experiment variierten die Forscher die Anordnung ihrer Tests, um sicherzustellen, dass jede einzelne der drei Zuckerlösungen mindestens einmal mit jeder, der anderen kombiniert wurde. Nach jedem dreistündigen Beobachtungszeitraum ermittelten die Wissenschaftler den Konsum von Zuckerwasser in Millilitern, den die Kolibris pro Behälter zu sich genommen hatten. Anhand dieser gemessenen Daten konnten sie anschließend Rückschlüsse auf die Vorlieben der Vögel ziehen.

„Die Kolibris konsumierten Nektar aus allen drei Ethanol-Lösungen, wenn auch in unterschiedlichem Maße.“

Es zeigte sich, dass die Kolibris anscheinend nicht zwischen den Zuckerlösungen mit null und einem Prozent Ethanol unterscheiden konnten. Sie konsumierten beide Varianten in ähnlichem Maße.

Allerdings änderte sich das Verhalten der Vögel bei der Zuckerlösung mit einem Alkoholgehalt von zwei Prozent deutlich. Laut Robert Dudley konsumierten die Kolibris eine merklich geringere Menge dieses starken Zuckerwassers zu sich nahmen, wenn sie die Wahl zwischen dieser und einer weniger alkoholhaltigen Alternative hatten.

„Sie nahmen insgesamt zwar immer noch die gleiche Gesamtmenge an Ethanol zu sich, reduzierten aber das Volumen der aufgenommenen zweiprozentigen Lösung. Das war eine Art Schwelleneffekt.“

Laut den Forscher sorgt dieser Schwelleneffekt dafür, dass die kleinen Vögel nicht mehr als 1,5 Prozent Alkohol konsumieren. Sie gehen davon aus, dass eine höher Alkoholdosis für die Kolibris toxisch wäre. In der Evolution der Tiere hat sich daher mit hoher Wahrscheinlichkeit ein schützender Anpassungsmechanismen gebildet.

Kolibris werden nicht betrunken

Laut Dudley deuten die Beobachtungen darauf hin, dass der Alkohol ein Bestandteil des typischen Ernährung der Vögel ist. Ihr spezieller Stoffwechsel verhindert jedoch, dass die Kolibris betrunken werden.

„Sie verbrennen den Alkohol und verstoffwechseln ihn zügig. Das Gleiche gilt für den Zucker. Sie sehen also wahrscheinlich keine wirkliche Wirkung. Sie werden nicht betrunken.“

Wie Dudley erklärt, könnten die Studienergebnisse dabei helfen, Verhaltensmuster beim menschlichen Alkoholkonsums und -missbrauchs besser zu verstehen und zu interpretieren.

„Ich denke, um die menschliche Begierde nach Alkohol besser zu verstehen, benötigen wir bessere Tiermodelle.“

Als nächsten Schritt beabsichtigen die Forscher, den natürlichen Ethanolgehalt in Blüten zu bestimmen und dessen Konsumhäufigkeit durch Kolibris zu ermitteln. Überdies planen sie, die Alkoholkonsumgewohnheiten weiterer nektarverzehrender Vogelarten aus verschiedenen Teilen der Welt zu erforschen.

Royal Society Open Science, doi: 10.1098/rsos.230306

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